Konzertrezension: Sinfonische Reihe: "Malerei" - Von Tonmalerei, musikalischer Bildbeschreibung und Beidem
von Dr. Götz Loos
Kamen. Rein formal ein Konzert anlässlich der Besiegelung einer Kooperation: Die Neue Philharmonie Westfalen geht eine solche ein mit dem Kunstmuseum Gelsenkirchen. Daher war der Abend des achten Sinfoniekonzertes der Saison am Mittwoch in der Konzertaula entsprechend überschrieben: "Malerei". Drei Werke, allesamt musikalisch farbenprächtig und das letzte hat auch noch Bilder zum Thema.
Die NPW musizierte unter der Leitung von Fabrice Bollon, dessen Vorgaben hinsichtlich der Tempi durchaus interessant waren. Beim ersten Werk, Berlioz' Ouvertüre zu "Benvenuto Cellini" waren die Wechsel in Geschwindigkeit und Dynamik durch Bollons Dirigat derart ausgeprägt, dass die ohnehin kontrastreiche kompositorische Anlage von Berlioz noch deutlichere Kontrastierungen erbrachte. Meiner Meinung nach wird diese Ouvertüre unterschätzt, dabei ist sie ein Ausbund an energiegeladener, motivierender Melodien, die zudem genehm im Klang (wenn auch mitunter laut, Fortissimo) sind. Unter Bollons Leitung wurde dies besonders deutlich - bei (weiterhin) professioneller Leistung des Orchesters.
Das zweite Werk war Ravels Konzert für Klavier und Orchester G-Dur. Von Maurice Ravel wurde es selbst als "leicht und brillant" tituliert - aber wie "leicht und brillant", das mögen Hörerinnen und Hörer selbst beurteilen. Die drei Sätze sind höchst unterschiedlich im musikalischen Material und dabei passagenweise spieltechnisch und im Anspruch des Hörens nicht anspruchsfrei - dafür wohlklingend. Der von Vielen hierin gesehene musikalische Impressionismus wird wohl am meisten dort deutlich, wo die leiseren Töne vorherrschen, so im Andante, wo die Melodien um Themenversätze kreisen.
Ein guter Piano-Virtuose als Solist war freilich erforderlich, um diese breite ("Farb")-Palette umzusetzen - und fand sich in Fabio Martino. Engagiert ließ er sich regelrecht in seine Partien "reißen" und beflügelte sowohl Dialog als auch Kontrast mit bzw. gegen das Orchester. Ein individueller Blick auf seine Interpretationen zeigt durchgehend Scharfes, Feuriges, was ihn von manchen anderen Virtuosen auf seinem Instrument unterscheidet - man könnte auch von "Provokantem", nicht erforderlich zu geschmeidigem Spiel sprechen. Ravels Klavierkonzert kommt gerade gut zu Pass, um diese Art ausleben zu können. Demnach: Grandios, seine Interpretation!
Solo-Zugaben gab er dann aus seiner südamerikanischen Heimat, "Dansas" von Guarnieri und Ginastera - gleichfalls feurig und absolut atemberaubend!
Schließlich dann die "Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgskij, in Ravels Orchesterfassung - viel bekannter in Kamen als die beiden ersten Werke und über die Jahre öfters aufgeführt. An dieser Interpretation war besonders die Tempowahl interessant. Bollon ließ fast alle Teilstücke deutlich langsamer spielen als man es bei anderen Interpretationen gewohnt ist - ausgenommen den "Marktplatz von Limoges" und die "Hütte auf Hühnerfüßen" der Hexe Baba-Jaga. Dadurch wurde manche Partie einerseits ausgesprochen transparent, andererseits wurde der grundlegende Marschrhythmus einiger der Stücke überdeutlich. Spannend gestaltet und musikalisch perfekt. Wieder einmal blieb auch an diesem Konzertabend kein Wunsch offen... Und wieder die Konzertaula nicht voll genug!