GeEl’s MusiKolumne – Folge 1: Merci und Adieu, Udo!
Dr. Götz Heinrich Loos startet heute mit einem leider sehr traurigen Anlass eine Kolumne über Musik im Allgemeinen und Musik in Kamen im Speziellen.
von Dr. Götz Heinrich Loos
Ich kann nicht behaupten, dass ich zu den fanatischen Anhängern von Udo Jürgens zähle und trotzdem habe ich von vielen seiner Lieder immer einiges gehalten. Umso trauriger ist es, jetzt zu realisieren, dass er als einer der wenigen wirklich zu erwähnenden deutschsprachigen Schlager- und Chanson-Komponisten, -Texter und -Interpreten von jetzt auf gleich nicht mehr unter den Lebenden ist. Es ist schon ein Schock und es berührt zu sehen, dass selbst „taffe“ Nachrichtenfrauen wie Marietta Slomka bei der Verkündigung der traurigen Botschaft ihre Tränen kaum zurückhalten können.
Udo Jürgens schaute nicht nur auf den Puls der Zeit – Moden mitmachen kann Jeder (und das machen auch zu Viele...). Udo Jürgens textete und vertonte Phänomene aus Gesellschaft und Politik, oft mit unverhohlener Kritik, besonders wenn diese Probleme gerade auf den Nägeln brannten; andere waren auch zeitlos. Das hat ihm Ärger eingebracht – von jederzeit auftretenden Kleingeistern und/oder auch Mächtigen, die sich auf den Schlips getreten gefühlt haben.
Udo Jürgens sang aber nicht nur über Aussteigersehnsüchte, ehrenwerte Häuser, Umweltprobleme und machtgeile Manager, sondern ebenso wie jeder andere Schlagersänger: über Liebe. Seine Liebeslieder sind aber oft nicht in der üblichen Schlagerform, sondern es sind meist kompositionstechnisch wie auch in der Qualität der Texte typische Chansons.
Damit hob er sich von der Masse so genannter Sänger ab. Da können solche hoch gelobten Typen wie Michael Wendler oder Helene Fischer nicht im Kleinsten mithalten. Mehr noch: Billig- und Trivial-Schlagertum inklusive der so genannten „Volksmusik“ oder „volkstümlichen Musik“ (Etikettenschwindel!) lassen derartige Texte, die ein Mitdenken verlangen, gar nicht erst zu (über ihre verdummenden Textchen und Kompositionsformen möchte ich an dieser Stelle nicht weiter lästern, das kommt schon irgendwann...). Und trotzdem hatte auch er unzählige, tausende Fans in den deutschsprachigen Ländern sowie ebenfalls darüber hinaus. Auch deshalb ist der Tod von Udo Jürgens eine Zäsur: Einen wie ihn gibt es zumindest auf den großen Bühnen nicht mehr. Außerdem konnte er Klassik, jazzen und swingen – und nicht nur aus billiger Effekthascherei.
Udo Jürgens hatte Berührungspunkte mit Kamen. So trat er in der Konzertaula auf, zu Zeiten, als er schon kein Geheimtipp mehr war. Der legendäre seinerzeitige Schulchor des Städtischen Gymnasiums Kamen unter der nicht minder legendären Musiklehrerin und Chorleiterin Hella Heuthe sang mit ihm sogar im Fernsehen zu Beginn der 1980er Jahre. Schließlich fehlte er – auf Tonträgern – seit Ende der 1980er Jahre auf kaum einer Party insbesondere auch bei jüngeren Leuten (wer damit angefangen hat, nun, das ist ein anderes Thema für die Kolumne...); „Aber bitte mit Sahne“, „Griechischer Wein“ und „Ich war noch niemals in New York“ waren und sind dabei Dauerbrenner. So bleibt er uns – bei aller Trauer – doch erhalten und noch lange Jahre in den Ohren. Hut ab vor einem großen Künstler deutscher Sprache – und ein leises „Merci“ und „Adieu“.