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Gedicht der Woche: Bleierne Zeit

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wort & Buch

gedicht der woche20KW fiedels adstock 96941854Enthält Datei #96941854 | © Fiedels | Adobe Stock
 
Das Vorwort
 
Kamen ist eine Stadt der Literatur, gleich mehrere, auch überregionale Schriftsteller wohnen hier. KamenWeb.de möchte darauf durch die Reihe "Gedicht der Woche" hinweisen.
 

Bleierne Zeit

Die Zeit fließt zäh das Jahr
Hindurch, von November
Bis Februar die Tage so kurz
Ein Fliegenschiss bloß
Und alles Grau in Grau
Und nicht der Rede wert

Nur Regen satt in dieser Zeit
Und Tage grau und kurz
Im März dann endlich
Die Sehnsucht, Hoffnung
Auf bessere Zeit
Sommer, irgendwann

Im April dann alles
Schon wieder so elend
So staubig, pulvertrocken
Du glaubst es nicht
Von einem Tag
Auf den nächsten

Kein Wasser im Schacht
Trocken gefallen
Mein schäbiger Teich
Die Fischlein japsen
Nach Sauerstoff
Kein Wunder, sieh doch

Das Areal draußen endlos
Vor der Stadt die tristen
Dämlichen Hallen
Welchen Dreck, sagt mir
Wollt ihr da lagern, Mieter
Bislang nicht in Sicht

Hier staut sich die Hitze
Und das Nebenzentrum drüben
Was immer das sein soll
Ist bloß ein weiterer
Staubiger Platz, langsam
Sehr langsam nimmt es

Gestalt an unter all dem
Schotter, Lehm und Müll
Bisschen fleckiges Pflaster
Staubwolken, Stolperfallen
Rentner und Grubenponys
Sind genügsam, geduldig

Was brauchen die solch
Wunderbar elegante Laternen
Himmelhoch und eine Piste
Breit wie eine Landebahn
Am frühen Abend schon
Ist das Dorf längst tot

Weiterer Ort ohne Zukunft
April, und ein Bäumchen
Wird angekarrt per LKW
Das Wurzelwerk verschnürt
In einem Jutesack
Wir müssen tüchtig gießen

Sonst wird das nichts
Schaulustige als ein Autokran
Den Baum an Ort und Stelle
Hievt und gerade rückt
Jetzt nur noch das Pflaster
Fegen und Wasser marsch

Dann sprießt das Grün
Von ganz allein, mal fragen
Was für eine Sorte es ist
Seit Corona der Verkehr
Nicht mehr der Rede wert
Die Schlaglöcher brechen

Dennoch auf, vermehren sich
Ganz ohne Frost, betrüblich
Stimmen vor allem die Alten
Im Heim dicht an dicht, eng
Beieinander, ein Virus mehr
Sagst du zynisch, doch

Der Schaden ist groß, bevor
Der Sommer kommt, nicht
Daran denken, Tage brüllend
Nächte kaum kühler
Das Land pulvertrocken
Paar Stunden Nacht

Kein bleicher Mond heute
Über dem Teich, trunken
Vor Sonne das brake Wasser
Vogelgezwitscher, und niemand
Du bist dir sicher, wirklich
Niemand hat einen Plan

Gerd Puls