-Anzeige-

Anzeige

SUMMERlife-Lesereihe mit Staraufgebot: Wiederholung ist mehr als wahrscheinlich

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wort & Buch

lesung 1 721AGSpiegel-Bestsellerautorin Tanja Kinkel zog ihr Publikum mit Auszügen aus ihrem neuen Roman "Grimms Morde" in der katholischen Kirche Heilige Familie in ihren Bann. Fotos: Alex Grün für KamenWeb.de

von Alex Grün

Kamen. Wenn es nach den Initiatoren Heinrich Peuckmann und Bernhard Büscher geht, ist die nächste Ausgabe der SummerLife-Lesereihe reine Formsache: Auch beim zweiten Mal traf die hochkarätig besetzte Literaturveranstaltung bei den Kamenern ins Schwarze, rund 150 Besucher ließen sie sich nicht entgehen - ob mit oder Maske, stand in diesem Jahr zur Wahl.

Mit Abstandhaltern und markierten Sitzplätzen wurde in den Kirchen der gebotenen Vorsicht Rechnung getragen - Lockerungen hin oder her. Hygienespray und Anwesenheitslisten trugen ihren Teil zum Sicherheitskonzept bei - und damit auch zur entspannten Atmosphäre, von der das kleine Literaturfestival erfüllt war. Bestsellerautorin und Publikumsmagnet Tanja Kinkel entführte ihre begeisterten Zuhörer von der katholischen Kirche Heilige Familie aus weit in die Vergangenheit - das kann die Münchnerin, die insbesondere mit ihren Historienromanen einen internationalen Erfolg nach dem anderen landet, erwiesenermaßen am besten - und tat dies nach eigenem Bekunden erstmals seit der Corona-Krise wieder live vor Publikum, was ihr besonders viel bedeutet habe. Im heranwachsenden nordhessischen Oberzentrum Kassel des Jahres 1821 spielt Kinkels neuer Roman "Grimms Morde". In dem wird - wie der Titel schon sagt - gemordet, und zwar ebenso bestialisch wie mysteriös. Oberwachtmeister Blauberg findet beim Leichnam einer gemeuchelten Mätresse des Kurfürsten Wilhelm I ein Zitat aus einem Märchen der Gebrüder Grimm und zieht falsche Schlüsse: ins Visier der Polizei geraten die Literaten. Nach einem ähnlichen Leichenfund sehen sich die Märchensammler Jakob und Wilhelm gezwungen, Nachforschungen anzustellen, um ihre Unschuld zu beweisen. Dabei spielt die damals 24-jährige Dichterin Annette von Droste-Hülshoff eine entscheidende Rolle, die eigens mitsamt ihrer Schwester von Münster nach Kassel reist.

lesung 2 721AGDie russische Dichterin, Librettistin und Autorin Anzhelina Polonskaya las Gedichte in russischer Sprache vor, die von Brigitte Ditz-Büscher anschließend ins Deutsche übersetzt wurden.

Mit viel Intonationsvermögen zog Tanja Kinkel das Publikum in der katholischen Kirche in ihren Bann und stellte dabei auch ihre darstellerischen Qualitäten unter Beweis, allerdings ohne die vorgesehene Pause, weshalb anderenorts streckenweise auf Publikum gewartet wurde - klassischer Kommunikationsfehler. Unterbrechen wollte die Starautorin niemand - und das war auch gut so, denn dafür war ihr Vortrag zu packend, ebenso wie anschließend der des syrischen Dichters Yamen Hussein, der aufgrund seiner Berichterstattung über die Unterdrückung der Medien in seiner Heimat verhaftet wurde und 2014 nach Deutschland floh. Auszüge aus seinem aktuell erschienenen Band "Nachruf auf die Leere" wurden begeistert aufgenommen. Hussein ist Stipendiat des "Writers-in-Exile"-Programms der Autorenvereinigung PEN, ebenso wie seine Kollegin Anzhelina Polonskaya, die in ihrer russischen Heimat aufgrund von Repressalien seitens des Putin-Regimes nicht mehr veröffentlichen darf. Ihre Eindrücke fasst sie in Worte: "Krieg in mir und in dir" - der Titel eines ihrer Gedichte, das die Gespaltenheit zwischen Gehorsam und Widerstand in ihrem Heimatland auf lyrische Art zum Ausdruck bringen soll.

lesung 4 721AGJürgen Jankowsky war für seinen erkrankten Schriftstellerkollegen Christoph Nix eingesprungen und sorgte an dessen Stelle für humoristische Akzente.In der Pauluskirche schwelgte währenddessen ein waschechter Ossi knietief in "Ostalgie": Jürgen Jankofsky, der mehr als 50 Romane und Kinderbücher veröffentlicht hat, nahm die Zuhörer im "schiefen Turm von Kamen" mit auf eine Reise in seine Jugend in der DDR der Sechziger und Siebziger Jahre. Unter anderem erinnerte sich der Jenaer in bildhaften Worten, wie sich die Inbetriebnahme eines E-Basses anfühlte. Musikalisch unterstrichen wurde sein Beitrag passenderweise von Saxophonist Rüdiger Wilke mit einem samtweichen "Sentimental Journey". Sozusagen als "Support-Act" sorgte die Kamener Autorin Bilitis Naujoks gleichermaßen für Lokalkolorit wie auch für tiefe Einblicke in die weibliche Seele, einfühlsam in Worte gefasst.

"Ohne Heinrich Peuckmann und seine Verbindungen wäre eine solch hochkarätig besetzte und kulturell hochwertige Veranstaltung nicht möglich", erklärt Jörg Höning vom Kulturbüro der Stadt Kamen. Der Generalsekretär der deutschen Abteilung des größten internationalen Schriftstellerverbandes PEN, der in der Lutherkirche auch aus seinen Neuerscheinungen vorlas, hat schon im letzten Jahr einschlägige Publikumsmagneten in die Sesekestadt geholt - und wird dies, wenn alles gut geht, im nächsten Jahr wieder tun. "Wenn die Initiatoren wieder dabei sind, sollte einer Wiederholung nichts im Weg stehen", sagt Höning - und der Einrichtung einer festen Institution im Kamener Veranstaltungskalender möglicherweise auch nicht. Unterstützung von Seiten der Kirchengemeinden werde es sicherlich auch weiterhin geben, und Heinrich Peuckmann verfüge über genügend Möglichkeiten, um auch künftig literarische Schwergewichte wie Tanja Kinkel als Zugpferde für die städtische Veranstaltung zu gewinnen, ist Autor und Mitinitiator Bernhard Büscher sicher. "Wir wären auf jeden Fall wieder dabei", sagt Büscher. Auch Kulturausschussvorsitzender Daniel Heidler, der die Veranstaltung in der katholischen Kirche eröffnete, würde sich über eine dauerhafte Einrichtung der SummerLife-Lesereihe freuen. "Eine solch hochwertige und anspruchsvolle Veranstaltung im Kamener Kulturkalender ist auf jeden Fall eine Bereicherung", so Heidler im Gespräch mit der Redaktion. Auch die zweite Ausgabe, so Heidler, war "rundum gelungen".

Archiv: SUMMERlife: 6 und 3 - Literarische Lesereihe - 6 Autoren Lesen in 3 Kamener Kirchen

lesung 3 721AGSaxophonist Rüdiger Wilke untermalte die Lesung von Jürgen Jankowsky stets mit dem passenden Sound - sein schier unerschöpfliches Repertoire macht es möglich.