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Gedicht der Woche: Ich bin keine Dichterin

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wort & Buch

gedicht der woche20KW fiedels adstock 96941854Enthält Datei #96941854 | © Fiedels | Adobe Stock
 
Das Vorwort
 
Kamen ist eine Stadt der Literatur, gleich mehrere, auch überregional bekannte Schriftsteller wohnen hier. KamenWeb.de möchte darauf durch die Reihe "Gedicht der Woche" hinweisen.
 
Ich bin keine Dichterin 

Ich bin keine Dichterin
Ich liebe die Dichtkunst, doch eine Dichterin bin ich nicht.
Dichter faszinieren mich
aber nie sagte ich: „Ich bin eine Dichterin“:
denn ich sabotierte meinen Mut
schlug meinem Gewissen Wunden,
schloss die Auge, traute nur den Ohren –
lernte zu leben, indem ich mein Herz betrog.
Ich war nicht bereit, der Wahrheit zuliebe Opfer zu bringen
so gehe ich mit gesenktem Kopf durch die Welt.
Ich wurde zum Grab meiner Gefühle.
Mein Herr, meine Dame, Sie täuschen sich!
Ich bin nicht diejenige, die Sie mir andichten zu sein.
Was ist ein wahrhaftiger Dichter?
Was ist eine wahrhaftige Dichterin?
Oberfläche und Tiefe des Lebens sind zweierlei!
Die Zunge ist nicht identisch mit dem Gefühl.
Dichter lesen, erkunden und dokumentieren
die Wahrheit, die Liebe, das Gewissen, die Gerechtigkeit,
sie lassen sich nicht beirren im Kampf, hören auf ihr Herz –
der Schönheit zuliebe,
sie sprechen für die mundtot Gemachten, die Unterdrückten,
ihr Ringen nach Luft ist ihr Lohn und zugleich ihr Verderben.
******

Der Stift ist ihre Kerze, das Gefühl ihr Schwert
Dichter sind Flamme und Kerze in einem!
Ich kann keinen Ehrentitel tragen, der mir nicht gebührt –
Ich will nicht nur sein, ich will handeln.

(übersetzt von Barbara Krohn nach der englischen Übersetzung von Ghirmai Negash)

Yirgalem Fisseha