Sofortprogramm Innenstadt: Erster Leerstand wird mit Leben gefüllt - Friseursalon mit "Sorglos-Paket" wird bald eröffnet
"Burrlesque"-Friseur Samet "Sam" Gül (vorne) freut sich gemeinsam mit seinem Riesen-Profiteam in Sachen Beauty & Wellness jetzt schon auf die Eröffnung seines Salons, die in wenigen Tagen bevorsteht. Foto: Alex Grün für KamenWeb.de
von Alex Grün
Kamen. Als eine "mögliche Blaupause" für die Kamener Innenstadt bezeichnete Bürgermeisterin Elke Kappen das Projekt, das Friseur Samet Gül jetzt mit viel Unterstützung seitens der Kamener Geschäftswelt, der Verwaltung und nicht zuletzt seines Vermieters im ehemaligen Leo-Markt in der Weststraße aufzieht. Zahlreiche Dienstleistungen, die sich im Beauty- und Wellness-Bereich ergänzen, werden hier künftig unter einem Dach angeboten. Es ist das erste von mehreren Kamener Projekten, die im Zuge der Landesinitiative "Zukunft Innenstadt NRW" zu Leben erweckt werden sollen.
Der 36-jährige Betreiber des Salons "Burrlesque Styling & Beauty Kamen“, den alle nur Sam nennen und der bereits seit neun Jahren mit einem eigenen Friseur-Salon in der Nordstraße selbstständig ist, will an seinem neuen Standort nicht nur die Schere schwingen, sondern zugleich Synergieeffekte in Sachen Beauty, Fitness und Wellness schaffen - sozusagen als "Rundum-sorglos-Servicepaket". Und auch der Bereich Fotografie und Design soll dabei nicht zu kurz kommen. Auf knapp 200 Quadratmetern, zu denen auch ein kleiner Außenbereich gehört, werden nach der für Anfang bis Mitte des Monats geplanten Eröffnung sieben Mitarbeiter aus Teams aller Gewerke rund um das Thema Schönheit ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen - natürlich zu verschiedenen Zeiten. So wird Birgit Junk vom Damenfitnessclub Mrs. Sporty hier künftig unter anderem Zumba-Kurse anbieten. Für die Models von Sabine Bracke vom Modehaus Nova wurde eigens ein Laufsteg eingerichtet: regelmäßige Modenschauen sollen hier künftig auf dem Programm stehen - frisiert werden die jungen Damen vorher natürlich vom Chef selbst. Der Beauty-Reigen wäre nicht perfekt ohne gestylte Fingernägel, für die Nageldesignerin Tanja Würz sorgt. Wo so viel geballte Schönheit unterwegs ist, darf ein Fotograf natürlich nicht fehlen, wobei Ralph Bisdorf ins Spiel kommt, der rund um das Frisieren und Schminken Brautpakete anbietet. Zum Frisieren wurde eigens ein Brautzimmer eingerichtet. Auch Trancetherapeutin Gabi Hartleif hat einen eigenen Raum, um sozusagen die seelische Fitness ihrer Kundschaft auf Vordermann zu bringen. Für ein ansprechendes Design sorgt unter anderem das Bergkamener Start-Up-Unternehmen "Retroschmiede". Geschäftsführer Marcel Schulze Frieling und sein Team haben sich auf die hochkreative Weiterverwendung alter Wasserrohre spezialisiert. Aus denen fertigen sie stylische Garderobenständer, Handgriffe, Fußtritte und viele andere Dinge, auf die Liebhaber von Industriedesign abfahren dürften. Die neuen Räumlichkeiten in der Weststraße gibt den Jungunternehmern, die ihr Start-Up im Mai gründeten, die Möglichkeit, Teile ihres Portfolios auszustellen - teilweise fest im Interieur des Ladenlokals eingebaut.
Dieses ist genauso bunt und individuell gestaltet, wie das gesamte Konzept: der Boden ist aus einer speziellen, rötlichen Mischung aus Lack und Epoxidharz, rechts vom Eingang haben Sam und sein Team aus Freunden und Mitarbeitern eine Retro-Ecke mit Ledercouch im Antik-Look und Fünfziger-Jahre-Tapeten eingerichtet - einen schöneren Wartebereich können sich Nostalgie-Freaks gar nicht wünschen. Vermieter Tristan Kamps ist nicht nur begeistert von der innovativen Geschäftsidee, auch das Maß an Energie, das Friseur Samet Gül in das Projekt steckt, beeindruckt ihn. Nach der Kernsanierung durch den Eigentümer habe dieser "richtig geackert und sehr viel Zeit und Arbeit in die Gestaltung gesteckt", berichtet Kamps - und alles in Eigenarbeit an den Feierabenden und Wochenenden. Gelohnt hat es sich allemal: die ersten Besucherinnen aus den Reihen der Geschäftspartner, die ihre künftige Wirkungsstätte am Montag erstmals in Augenschein nahmen, äußerten ihre Begeisterung über das gelungene Interieur mit spontanen Äußerungen wie "toll geworden" oder "da fühlt man sich sofort wohl". Das liegt nicht zuletzt am Deckenstuck und an den niederländischen Deko- und Kleinmöbeln, die hier sozusagen eine Dauerausstellung bilden.
Möglich macht dies alles die Landesförderung "Zukunft Innenstadt". Fast 150.000 Euro hat die Stadt Kamen aus dem „Sofortprogramm Innenstadt NRW“ zur Förderung der Belebung leerstehender Immobilien erhalten. Mit diesem Geld fördert sie die Vermietung der Objekte. Dadurch, dass der Eigentümer 30 Prozent der Kaltmiete sozusagen erlässt und 50 Prozent über die Stadt aus der Förderung finanziert wird, hat der Inhaber mit einer Mietbelastung von nur 20 Prozent einen nicht unerheblichen Spielraum in seiner Gestaltung. Zwei Jahre hat er dafür Zeit. Rein rechnerisch könnten mit der von der Stadt Kamen beantragten Fördersumme sieben Ladenlokale finanziert werden - genauso viele, wie Anträge vorliegen. Zum Zeitpunkt der Förderantragstellung im Oktober sei nicht absehbar gewesen, wie lang anhaltend und hart der Lockdown im Winter tatsächlich werden würde, erklärt der neue Wirtschaftsförderer der Stadt Kamen, Elmar Wendland. Die zur Verfügung stehenden Fördermittel müssten daher nun "maximal zielführend" verwendet werden. In dem Projekt in der Weststraße könnte das gelingen: "Es ist Innovation par excellence, was hier geboten wird", schwärmte Bürgermeisterin Kappen bei der Erstbesichtigung des noch geschlossenen Ladenlokals - und hoffentlich ein Musterbeispiel für eine Wiederbelebung der Innenstadt.
