Rat und Verwaltung kritisieren neuen Nahverkehrsplan des Kreises: "Markt muss als Knotenpunkt erhalten bleiben"
von Alex Grün
Kamen. Der Rat der Stadt Kamen genehmigte am Donnerstag die offizielle Stellungnahme der Verwaltung zur Neuaufstellung des Nahverkehrsplans für den Kreis Unna. Das Statement gegenüber dem Kreis war beileibe nicht ohne deutliche Kritik - und wurde wohl auch deshalb einstimmig abgesegnet. Insbesondere der geplante Ausschluss der Haltestelle Kamen-Markt aus dem künftigen "X-Netz" der VKU stieß nicht nur bei der Verwaltung, sondern auch im Rat auf vehementen Widerspruch.
Von der Umstellung in X- und Y-Achsen, die mit der Neuaufstellung des Nahverkehrsplans ab 2026 einhergeht (wir berichteten), verspricht sich der Kreis gegenüber dem Bestandsnetz eine Ersparnis von 700.000 Euro, die Gesamtkosten lägen dann bei 23,8 Mio. Euro jährlich, die Vergleichsdaten stammen aus dem Jahr 2019. Die Finanzierung des ÖPNV-Angebotes ist abhängig von der jeweiligen Einordnung in das X- oder Y-Prinzip: Angebote im X-Prinzip werden vollständig durch die Kreisumlage finanziert, Angebote im Y-Prinzip werden über einen Betriebskostenschlüssel umgelegt und je zur Hälfte von Kreis und Kommunen finanziert. Nach den Plänen des Kreises solle der alte Markt auf den X-Linien, die die Anschlussverbindungen zu Bahn- oder Busbahnhöfen gewährleisten sollen, künftig nicht mehr angesteuert werden, nur noch die Y-Linien, die die aktuellen C- und R-Busse ersetzen sollen, sollen künftig den Kamener Markt ansteuern. Der Kreis begründet dies damit, dass die VKU auf dem Weg vom oder zum Bahnhof zeitlich "keine Reserven für den Umweg über die Haltestelle Markt" hätte.
Hier trat die Verwaltung auf die Bremse: "Die X-Buslinien sind so zu gestalten, dass diese, mit Ausnahme der X6 (über Methler und Dortmund-Grevel, Anm. d. Red.), die Haltestelle Kamen-Markt regelmäßig mit bedienen" heißt es in der Stellungnahme, die die Stadt Kamen nach der Genehmigung durch den Rat jetzt an den Kreis weiterleitet. Das Argument mit der zeitlichen Reserve weist die Verwaltung mit dem Hinweis zurück, dass die einhergehenden Verzögerungen durch andere Maßnahmen der Beschleunigung auf dem Linienweg kompensiert werden könne, etwa durch die Öffnung aller Bustüren beim Einstieg oder durch die Einführung bargeldlosen Bezahlens. Kritik gab es auch für die Kostenkalkulation, die auf der Grundlage des Bestandsnetzes von vor fünf Jahren basiert. Aufgrund der allgemeinen Kostensteigerung sei davon auszugehen, dass der ÖPNV im Kreis Unna deutlich teurer werde, als 23,8 Mio. Euro. Die Stadt bittet den Kreis Unna daher, für das Jahr 2026 für das Zielnetz eine Kostenschätzung mit allen gegenwärtig relevanten Variablen zu erstellen.
Grundsätzlich sei der "Paradigmenwechsel" zu begrüßen, räumte SPD-Fraktionsvorsitzender Daniel Heidler im Rat ein, allerdings sei der ÖPNV ein wichtiger Teil der kommunalen Daseinsvorsorge, gerade angesichts der demographischen Entwicklung der Stadt sei die Planung von gut erreichbaren und barrierefreien Haltestellen mehr und mehr von zentraler Bedeutung, so Heidler. CDU-Ratsherr Heinrich Kissing betonte die hohe Bedeutung des alten Marktes als Verkehrsknotenpunkt zwischen den Kommunen, der gerade mit Blick auf die Innenstadtentwicklung auf jeden Fall erhalten bleiben müsse. Linke-Fraktionschef Klaus-Dieter Grosch hält die neue Linienführung für problematisch, da sie die Ziele des Integrierten Klimaschutzkonzeptes des Kreises konterkariere, so Grosch. Denis Kobus, Co-Vorsitzender der Fraktion Wählergemeinschaft, wünschte sich eine stärkere Einbindung des Sozialausschusses in dieser Frage. Anke Schneider, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis90/Grüne, kündigte an, die Klagen über den geplanten Wegfall des alten Marktes als wichtige Haltestelle für die X-Linien mit in den Kreistag zu nehmen, der im Dezember über den neuen Nahverkehrsplan abstimmen soll.