Landespolitiker loben Produktionsschulen als Vorbild
Kreis Unna. Nicht jeder Jugendliche in Unna findet nach der Schule eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz. Besonders, wenn die Schulnoten nicht gut ausgefallen sind oder Handicaps im Wege stehen, droht Arbeitslosigkeit. Die Werkstatt im Kreis Unna hat für diese jungen Menschen ein mustergültiges Förderangebot aufgebaut: die Produktionsschule für benachteiligte Jugendliche. Das bestätigten bei einem Besuch auch die beiden Landespolitiker Sebastian Hartmann, SPD-Vorsitzender in NRW, und Hartmut Ganzke, SPD-Landtagsabgeordneter im Kreis Unna. Sie informierten sich in der Unnaer Produktionsschule über das Konzept und die Ergebnisse. Werkstatt-Geschäftsführer Herbert Dörmann sprach allerdings eine große Sorge aus: Er bedauert die geplanten Kürzungen der Landesförderung bzw. die Ablösung der Produktionsschulen durch das Werkstattjahr. Hierdurch werde das Unnaer Bildungsangebot gefährdet und möglicherweise sogar nicht fortführbar.
Sebastian Hartmann, zugleich Mitglied des Bundestages, und Hartmut Ganzke waren zum Fachaustausch über die bisherige Landesinitiative und frühere Landesförderung in die Werkstatt gekommen und sprachen zu allererst mit den Jugendlichen und dem Ausbilder. In der Produktionsschulküche konnten sie den Kerngedanken des Konzeptes –, über reale Aufträge zu lernen, direkt miterleben – und die Ergebnisse probieren.
Produktionsschulen für benachteiligte Jugendliche: Was vor 13 Jahren als Modellprojekt der Werkstatt im Kreis Unna begann, war ein erfolgreicher Baustein im Übergangssystem zwischen Schule und Beruf. Bis 2018 konnten daran Jugendliche unter 25 Jahren teilnehmen, die besondere Berufsstartschwierigkeiten aufweisen. Seither aber wurde die Altersgruppe auf maximal 18 Jahre beschränkt, so dass viele junge Menschen, vor allem wenn sie vom Jobcenter gefördert werden, ausgeschlossen werden. Von ehemals 134 Bildungsplätzen blieben danach lediglich 48 kreisweit übrig. Nach Mitteilung von Werkstatt-Geschäftsführer Dörmann soll nun ab Sommer die Landesförderung für Hartz-IV-Beziehende nahezu komplett entfallen.
Die beiden Landespolitiker waren sich mit Dörmann einig, dass ein spezifisches Angebot wie die Produktionsschulen für die betroffenen jungen Menschen unverzichtbar sei. Hartmann und Ganzke lobten das ganzheitliche Bildungskonzept für Benachteiligte in der Werkstatt als vorbildlich. Die Kombination von Qualifizierung und Unterstützung bei der Lösung persönlicher Probleme verhindere, dass junge Menschen alleingelassen werden.
Das Lernen an realen Aufträgen im Prozess der Arbeit sei besonders wirksam für junge Menschen, die in allen anderen Bildungsangeboten scheitern: „Wir dürfen keinen zurücklassen“, erklärte Herbert Dörmann. In den Produktionsschulen finden gerade junge Menschen eine neue Chance, die mehrere Handicaps haben: Von 340 Teilnehmern kam mehr als ein Drittel aus Förderschulen, ein Viertel hatte die Schule abgebrochen, ein Fünftel hatte bereits Jugendstrafen. Neben Drogenproblemen und Schulden gab es ein anderes, wachsendes Problem, berichtete der Werkstatt-Geschäftsführer: 40 Prozent der jungen Menschen haben psychische Beeinträchtigungen. Die Produktionsschulen und die begleitende Unterstützung helfen: Jeder zweite hat bisher direkt eine Anschlussperspektive in Ausbildung, Arbeit oder Schule gefunden.
Sebastian Hartman und Hartmut Ganzke zeigten sich beeindruckt von der Arbeit und nicht zuletzt von den Rückmeldungen der jungen Menschen selbst. Sie sagten zu, sich politisch für den Erhalt des Unnaer Bildungsangebotes für benachteiligte Jugendliche stark zu machen.