Kamener Stadtpflanzen - Folge 73: Ein schlankes Gewächs mit Nutzungstradition: Das Echte Eisenkraut
von Dr. Götz Loos
Kamen. Eisen im Namen, das klingt schon fast etwas martialisch - das Echte oder Gewöhnliche (früher "Gebräuchliche") Eisenkraut (Verbena officinalis) heißt nicht nur so, sondern im Volksmund früher zudem oft, noch stärker, "Eisenhart". Wir hatten in einer früheren Folge bereits das Argentinische Eisenkraut, neuerdings sich einbürgernd. Die im hiesigen Beitrag zu betrachtende verwandte Art, das Echte Eisenkraut, ist seit dem Mittelalter in Nutzung und vermutlich entsprechend lange bei uns - vielleicht sogar heimisch bzw. bereits zu Jäger- und Sammlerzeiten des Menschen zugewandert. Das "Eisen" im Namen wird verschieden gedeutet. Prominent ist die Geschichte, dass es bei durch Eisenwaffen (Schwertern, Lanzen, Messern) zugefügten Verletzungen eine schnelle Wundheilung einleiten soll.
Vielfältige Nutzungen als Kultkraut und vor allem als Heilpflanze haben sich über die Jahrhunderte beim Echten Eisenkraut ergeben, aber nur für wenige Heilzwecke existieren pharmazeutische Belege. Immerhin gehört es heute noch zu verschiedenen Kräutermischungen in bestimmten Medikamenten, u.a. eingesetzt bei Nasennebenhöhlenentzündungen. Ob es in Kamen zu derartigem Nutzen einst wild gesammelt, eventuell sogar angepflanzt wurde, ist nicht bekannt. Mitte der 1980er Jahre war die Art jedenfalls gar nicht selten im Siedlungsgebiet Kamen-Mitte, vor allem in Nähe der Eisenbahn. Einerseits ein Zuwachsen der Wuchsstellen, andererseits ein übertriebenes, oft unsinniges Entfernen von Wildwuchs von Seiten städtischer Stellen wie von Privatmenschen führte nachfolgend zu einem extremen Rückgang.
In jüngster Zeit, mit weniger Geld und/oder Zeit für die vermeintliche "Pflege", hat das Echte Eisenkraut wieder eine nicht unbedeutende Ausbreitung erfahren, wenn auch örtlich begrenzt und nicht allerorten. Manchmal muss man genau hinsehen, um es überhaupt ausfindig zu machen. Die Stängel sind zwar oft stärker verzweigt und das Gewächs kann bisweilen hüfthoch werden, jedoch wirken die Stängel dünn und verschwimmen vor grünlichem oder grauem Hintergrund. Die Kronen der Blüten mit ihrer hellen, rötlich- bis blauviolettweißen Farbe scheinen dann fast geisterhaft aus dem "Gewirr" heraus, auch weil sie nicht sonderlich dicht übereinander stehen und eher vereinzelt scheinen.