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Seseke-Kläranlagen reinigen rund 60 Milliarden Liter Abwasser im Jahr

am . Veröffentlicht in Natur & Umwelt

Sesekeweg 52013 RH 00014Seseke in Kamen © KamenWeb.deSeseke-Programm beendet offene „Köttelbecken“

Kreis Unna. Am Mittwoch, 22. März, ist Weltwassertag! In diesem Jahr steht dabei das Thema „Abwasser“ im Vordergrund – ein Anlass, einmal über die Abwasserentsorgung in der Region zu informieren: In Lünen, Bergkamen, Kamen und Bönen haben sich die Verhältnisse durch das Sesekeprogramm in den letzten 30 Jahren völlig geändert. In Dortmund, wo der Emscher-Umbau Ähnliches hervorgebracht hat, ist der Umbau der Körne-Oberläufe noch im Gange.

Vor drei Jahrzehnten waren Seseke, Körne und Heerener Mühlbach in Kamen ebenso offene Schmutzwasserläufe wie Lüserbach und Süggelbach in Lünen, der Kuhbach in Bergkamen, Rüschebrinkgraben und Kirchderner Graben in Dortmund und der Rexebach in Bönen. Das Abwasser aus den kommunalen Kanalisationen wurde damals einfach in die Gewässer geleitet, eine Reinigung fand erst kurz vor der Lippe im großen Klärwerk Lünen-Sesekemündung statt.

Lasten des Bergbaus: bis 2005 offene Abwasserläufe

Der Grund für diese in Deutschland höchst ungewöhnliche Form der Abwasserbeseitigung lag im Steinkohlenbergbau: Ähnlich wie die Emscherregion waren auch der Dortmunder Nordosten sowie die Städte entlang der Seseke Standorte zahlreicher Zechen. Durch den Abbau der Kohle entstanden untertage riesige Hohlräume, die an der Erdoberfläche zu Senkungen führten. Die Gewässer sanken mit ab und musste vielfach angehoben oder sogar gepumpt werden.

Geschlossene Abwasserkanäle in die Erde zu legen, erwies sich als höchst problematisch, sackte doch der Boden im wieder aufs  Neue ab, so dass auch Kanäle in Schieflage geraten. Für das Bedürfnis der damaligen Zeit, das Abwasser schnell und sicher abzuleiten, waren die damaligen „Vorfluter“ aus Betonplatten vielleicht nicht die einzige, aber eine pragmatische und funktionelle Lösung.

Ende der 1980er  Jahre
Start des Sesekeprogramms

Jahrzehnte später war das Ende des Bergbaus in Sicht. Damit stellte sich auch die Frage, ob es jetzt nicht an der Zeit wäre, die zu offenen Abwasserläufen umfunktionierten Gewässer wieder in einen naturnahen Zustand zu bringen. Das „Sesekeprogramm“, das Ende der 1980er Jahre von den Anrainerkommunen und dem Lippeverband beschlossen und vom Land NRW finanziell gefördert wurde, beantwortete dies mit einem klaren „Ja“.

Doch bevor Seseke und Co. wieder sauber und umgestaltet werden konnten, mussten erst einmal geschlossene Abwasserkanäle, Regenbecken, neue Kläranlagen und Hochwasserrückhaltungen gebaut werden. Bereits 1988 wurden die ersten Abwasserkanäle an der Seseke in Kamen verlegt, wenig später entstand das gigantische Hochwasserrückhaltebecken in Dortmund-Scharnhorst und 1996 nahm auch die Kläranlage Scharnhorst ihren Betrieb auf. Man hatte ganz gezielt die Dortmunder Anlage zuerst gebaut, denn das Abwasser aus der Westfalenmetropole hatte die längste Fließstrecke bis zur Lippe, entsprechend stark faulte das Wasser unterwegs vor allem im Sommer und verbreitete üble Gerüche.

Heute gehört die Anlage in Dortmund-Scharnhorst zu den größten Kläranlagen des Lippeverbandes. Im Jahr 2016 wurden dort genau 15.214.722 Kubikmeter (15,2 Milliarden Liter) Abwasser – das entspricht rund 180 Millionen Badewannen – gereinigt und sauber in die Körne abgeleitet. Die Körne ist der größte Seseke-Zufluss und bringt an ihrer Mündung fast ebenso viel Wasser mit wie die Seseke selbst.

Dann wurde auch das alte Flussklärwerk Kamen-Körnebach 1998 durch einen Neubau an gleicher Stelle ersetzt. Die neue Kläranlage Kamen ist an ihren markanten, pyramidenförmigen Faultürme gut zu erkennen. Bei einer Reinigungsleistung von 15.169.964 Kubikmetern im vergangenen Jahr kann sie es mit der Kapazität der Dortmunder Kläranlage aufnehmen.

2003 wurde auch die Kläranlage Bönen am Schwarzen Weg fertiggestellt. An diesem Standort hatte es vorher noch nie eine Kläranlage gegeben. Hier werden nicht nur das Abwasser aus Bönen selbst, sondern auch die Schmutzwasserfrachten aus Heeren-Werve und dem Norden von Unna gereinigt. Bönen ist mit 6.992.130 Kubikmetern (entspricht 84 Mio. Badewannen) Jahreswassermenge 2016 die kleinste Kläranlage im Sesekegebiet.

Im Frühjahr 2005 – zu diesem Zeitpunkt war die Körne schon längst wieder sauber und die Renaturierung lief auf vollen Touren - wurde auch der Umbau des Mündungsklärwerks in Lünen und der Bau der letzten Zuleitungskanäle abgeschlossen. Ab jetzt war auch die Seseke abwasserfrei, die große Kläranlage in Lünen reinigte nicht mehr das Wasser aus einem schmutzigen Fluss wie früher, sondern nahm das Abwasser aus den Kanalnetzen von Lünen und Bergkamen auf und gab es gereinigt in die Seseke. Nach wie vor ist das Klärwerk Lünen das „Flaggschiff“ an der Seseke und hat 2016 insgesamt 21.297.506 Kubikmeter Abwasser gereinigt, entsprechend dem Volumen von rund 250 Millionen Badewannen.

Damit war der „abwassertechnische“ Teil des Sesekeprogramms abgeschlossen, es folgte die umfangreiche Renaturierung der Seseke. Ebenfalls erst in den letzten Jahren wurden auf Dortmunder Stadtgebiet die unterirdischen Abwasserkanäle an Kirchderner Graben, Rüschebrinkgraben und Körne-Oberlauf verlegt. Diese Gewässer gehören nicht zum Sesekeprogramm, gleichwohl waren sie bis Ende 2015 ebenfalls offene Schmutzwasserläufe und werden ab Sommer 2017 ökologisch verbessert. Dann werden auch dort die Betonschalen entfernt.

Wer kümmert sich um die Abwasserreinigung? Der Lippeverband hat eine eigene Abteilung für den Anlagenbetrieb im östlichen Lippegebiet. Dazu gehören alle Kläranlagenstandorte im Sesekegebiet, die jeweils von einem Abwassermeister – in Bönen ist es eine Meisterin! – geleitet werden. Insgesamt sind auf den vier Anlagen 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Die Unterhaltung der Kanäle wird von den beiden Bauhöfen des Lippeverbandes in Lünen (für das westliche Sesekegebiet) und in Hamm-Herringen (für das östliche Sesekegebiet) geleistet. Die Bauhöfe verfügen jeweils über eigene Kanal-Teams.

Hintergrund: Lippeverband

Der Lippeverband ist ein öffentlich-rechtlicher Wasserwirtschaftsverband für das Einzugsgebiet der mittleren und unteren Lippe und wurde 1926 gegründet. Seine Aufgaben sind in erster Linie die Abwasserentsorgung und -reinigung, Hochwasserschutz durch Deiche und Pumpwerke und die Gewässerunterhaltung und -entwicklung.

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