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So lebt's in Kamen und rundherum - Organismenwelt im Kreis Unna Folge 1: Die Runzelige Bleichschüsselflechte

am . Veröffentlicht in Natur & Umwelt

GL1 519Großes und kleines Exemplar der Runzeligen Bleichschüsselflechte, eingerahmt von anderen, deutlich andersfarbigen Flechten. Foto: Dr. Götz Loos für KamenWeb.devon Dr. Götz Loos

Kreis Unna. Nachdem die "Kamener Stadtpflanzen" mit Porträts von Gewächsen aus dem Siedlungsbereich der Stadt recht beachtliches Interesse auch weit über Kamen hinaus gefunden haben, soll parallel dazu ein Blick auf Lebewesen aus Kamen und Umgebung geworfen werden, die allen Reichen der Lebewelt angehören, vor allem auch Tieren und Pilzen. Im "Naturreport", dem Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna, hat der Autor vor Jahren damit begonnen, Fundort- und Verbreitungsangaben von diversen Lebewesen-Arten aus dem Kreisgebiet zusammenzustellen. Die nun hier begonnene Serie kann auch als Ergänzung zu den dortigen Beiträgen angesehen werden, indem hier die dort genannten und zahlreiche andere Organismen porträtiert werden - ein zweifellos umfangreiches Projekt, aber sicherlich in der heutigen Zeit des Rückgangs vieler Arten von wichtiger Bedeutung. Geschützt werden kann nur das, was man kennt!

Zu den Pilzen gehören die Flechten, jedenfalls ihr körperliches "Grundgerüst". Anders als Pilze im eigentlichen Sinne (was auch ein weites Feld ist...) versorgen sich Flechten durch eine Alge, die praktisch im Pilzkörper der Flechte sitzt und vor Austrocknung und zu starker ultravioletter Strahlung geschützt ist. Es können ein oder mehrere Pilze am Aufbau einer Flechte beteiligt sein, neben einer Algenart können auch Cyanobakterien zusätzlich oder bei einigen Flechtengruppen anstatt einer Alge mit dem oder den Pilzen zusammenleben. Da der oder die Pilze sehr viel stärker von dieser Symbiose profitieren (im Gegensatz zu den Algen können sie nicht ohne diese überleben) könnte man von Seiten der Pilze eher von einem kontrollierten Parasitismus reden.

Mit der Industrialisierung ist die Zahl der Flechtenarten, vor allem der auf Bäumen bzw. Holzoberflächen lebenden, sehr stark zurückgegangen. Das Schwefeldioxid in den Rauchgasen der Industrieanlagen, später der Autoabgase, hat viele Arten aussterben oder zumindest extrem zurückgehen lassen. Erst der Rückgang des Schadstoffes durch Filteranlagen und Autokatalysatoren hat eine Wiederausbreitung vieler Arten bewirkt. Bedingt durch die hohe Stickoxidkonzentration in der Luft sind es allerdings vielfach Stickstoffzeiger, die als dominante Konkurrenten anderen Arten die Ansiedlung erschweren.

Eine Flechte, die etwas später in Kamen wie im ganzen Kreis Unna (wieder) ankam und sich erst in den letzten Jahren verstärkt an Bäumen ausbreitet, ist die Runzelige Bleichschüsselflechte (Flavoparmelia caperata; der häufig zu lesende eingedeutschte Name "Caperatflechte" ist unsinnig). Diese Flechte kommt inzwischen fast kreisweit und in allen Regionen vor, ist aber erst örtlich häufiger. Sie hebt sich durch ihren bleich grünlichgrauen, randlich gelappten Körper (bei Flechten nennt man den Lager oder Thallus) von fast allen anderen hell- bis dunkelgrauen, aber nicht grünlichen Flechten an den Bäumen ab. Typische Fruchtkörper (Apothecien) sieht man bei uns nicht, aber in der Mitte der Lager sind diese oft in Form so genannter Sorale aufgebrochen; darin sitzen ungeschlechtliche Ausbreitungskörper, die Soredien. Der Algenpartner ist dabei vom Pilz regelrecht eingewickelt und der Wind transportiert das "Paket" weiter, an einen hoffentlich geeigneten Ansiedlungsort.