Kamener Stadtpflanzen - Folge 29: Das Wald- bzw. Garten-Vergissmeinnicht
von Dr. Götz Loos
Kamen. Eine schöne überwiegend himmelblaue, manchmal aber auch dunkler blaue Blüten- bzw. Kronblattfarbe ist im Moment in vielen Gärten und Vorgärten gepflanzt, ebenso zahlreich verwildert, zu sehen. Sie gehört Myosotis sylvatica, eigentlich Wald-Vergissmeinnicht, die bei uns vorherrschenden, eben auch verwilderten Gartentypen nennt man aber besser Garten-Vergissmeinnicht. Wirklich heimische Vorkommen dieser Art sind im Kreis Unna ausgesprochen selten und finden sich vermehrt erst hinter Hamm, auf die Beckumer Berge zu. In Kamen existieren anscheinend zumindest heute keine urwüchsigen Bestände (mehr?).
Als Raublattgewächs ist das Garten-Vergissmeinnicht wie alle Arten der Gattung mit einer dichten Behaarung versehen, allerdings weniger rau als bei anderen Gattungen der Familie, sondern eher pelzig-filzig - wie z.B. die Ohren einer Maus, daher der wissenschaftliche Gattungsname, zerlegt: "Myos-otis" = "Mauseohr". Bei manchen Vergissmeinnichten sehen die Blätter auch so aus, allerdings sind sie bei diesem breit-lanzettlich oder schmaler. Der Blütenstand - man spricht von einem Wickel - ist erst sehr kurz, verlängert sich dann zusehends, wobei oben immer die Blüten sitzen, darunter immer abwechselnd links und rechts die fruchttragenden Kelche. An den Kelchen sitzen überwiegend gerade Haare, der untere Teil wird jedoch durch kürzere hakenförmige Haare dominiert.
Am Grund der Kronblätter sitzen Schlundschuppen, die potenziell bestäubenden Insekten den Blick auf die Staubblätter mit dem Pollen verwehren und den Zugang verengen, um großen Pollenräubern einen Riegel vorzuschieben. Die mehr zarten Bestäuber hingegen werden durch das leuchtende Gelb der Schuppen angezogen und finden schließlich ihr Ziel dahinter. Ist die Blüte dann bestäubt, verändert sich die Farbe der Schlundschuppen, sie verfärben sich nach unscheinbar weiß. Die Pollen selbst zählen zu den kleinsten in der europäischen Pflanzenwelt.
Das Garten-Vergissmeinnicht gehört zu den heutzutage im Kamener Stadtbereich und sonst am häufigsten verwilderten Pflanzen. Selbstaussaat und Ausbreitung durch Tiere, wohl vornehmlich Ameisen, sorgen ebenso für die Zunahme der Bestände wie die Verschleppung mit Gartenabfällen. Vor Ort breiten sich die Pflanzen aus ihren grundständigen Blattrosetten ungeschlechtlich durch Bildung von Tochterpflanzen über kurze Ausläufer aus. Einmal gepflanzt und nicht kontrolliert, dehnt sich das Garten-Vergissmeinnicht zunächst im Garten aus. Von dort aus "entkommt" es dann nach außerhalb. Im Siedlungsbereich sieht man es folglich vielfach in Pflasterfugen oder in Ritzen an Hauswänden, sogar aus Spalten in Beton. Brachen, Gebüsche, Hecken, Staudensäume, letztere ebenso vor allem an Gehölzbeständen, werden gleichermaßen regelmäßig besiedelt.
Während der Großteil der verwilderten Pflanzen im Aussehen und vornehmlich der Farbe der Kronblätter den heimischen Typen nahe steht (Wuchshöhe und -form der Verwilderten sind jedoch viel veränderlicher), werden in jüngerer Zeit vermehrt dunkler blaue und auch weißblühende, seltener rosafarbene Sorten gepflanzt, manchmal auch kompakter im Wuchs. Und von diesen, gerade den dunkleren, erscheinen allmählich mehr Verwilderungen und Verschleppungen.
Übrigens: Bei Pflanzen in Vasen in der Stube entfärben sich die Kronblätter zum Ende hin mitunter nach weißlich.
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