Kamener Stadtpflanzen - Folge 31: Rauling, nicht Rohling
Blüten des Raublattes oder Raulings - überall sieht man kratzende Haare, aber trotzdem kein Rohling, sondern schmackhaft! Fotos: Dr. Götz Loosvon Dr. Götz Loos
Kamen. Nach dem Garten-Vergissmeinnicht in Beitrag Nr. 29 folgt nun ein weiteres Raublattgewächs, das Raublatt oder der Rauling (Trachystemon orientalis). Bei der rasanten Entwicklung der letzten Wochen sieht man jetzt kaum noch die Blütenstände dieses sehr frühen Frühblühers und stattdessen vor allem dessen große rundliche Blätter, die wie die meisten Teile der Pflanzen mit ausgeprägt rauer, etwas kratzender Behaarung versehen sind. Es ist ein Neophyt aus Bulgarien bis in die Kaukasusregion, vor allem in der Türkei.
Während noch die Schneeglöckchen blühen, richten sich die letztlich ziemlich langen (bis über 40 cm) Stängel auf und es bilden sich daran etagenartig in Bündeln blaue Blüten, die an Borretsch erinnern; deshalb wurde auch der Kunstname "Kaukasischer Borretsch" für diese Pflanze eingeführt. Der Grund, weshalb dieser Neubürger bei uns auftritt, hat aber zusätzlich wie beim Borretsch mit Kulinarischem zu tun. Türkische Mitbürger brachten diese Art aus der Heimat mit und kultivierten sie in ihren Gärten. Die Blattstiele werden als Gemüse gegessen, die Blätter angeröstet oder wie Weinblätter eingerollt und mit allerlei gefüllt, oft gemischt mit Reis.
Hier kann man den Rauling immer wieder noch in türkischen Gärten oder auf Grabeland sehen. Doch werden die Gärten aufgegeben oder die Pflanze wurde nahe der Zäune gepflanzt, breitete sie sich massiv durch Ausläufer aus und im zweiten Fall wuchs sie so unter den Zäunen hindurch nach draußen. Auf diese Weise haben sich wenige Vorkommen im Siedlungsbereich Kamen-Mitte etabliert, so an der Bahnhofstraße, auf dem ehemaligen "Bastei"-Gelände neben Rathaus und Hochstraße sowie in Gebüsch an der Münsterstraße.
Inzwischen wird der Rauling auch als Zierpflanze im Handel angeboten, aber außerhalb von Gärten türkischstämmiger Migranten ist er mir bislang nicht begegnet.
Grundblätter nach der Blüte