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Kamener Stadtpflanzen - Folge 42: Zwei kleinerblütige Vergissmeinnichte

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Natur & Umwelt

SP42 1GLVon links nach rechts (vom selben Tag): Garten-Vergissmeinnicht, Acker-Vergissmeinnicht, Raues Vergissmeinnicht

von Dr. Götz Loos

SP42 2GLAcker-Vergissmeinnicht auf Gehsteig am Goldbach.Kamen. Während noch überall das gepflanzte und verwilderte Garten-Vergissmeinnicht (Myosotis sylvatica; siehe Stadtpflanzen-Folge Nr. 29) blüht, das gewöhnlich als "das Vergissmeinnicht" im Verständnis von Zierpflanzenliebhabern gilt, sind zwischenzeitlich zwei Vergissmeinnichte mit deutlich kleineren Blüten aufgeblüht, welche oft unbeachtet bleiben oder in die abwegige Kategorie "Unkraut" geraten.

Dabei ist das Acker-Vergissmeinnicht (Myosotis arvensis aggr.) für pflanzenkundlich tiefgründiger Tätige besonders interessant, weil es eine Gruppe von "Geschwisterarten" ist, was bedeutet, dass es innerhalb dieser mehrere Arten gibt, die äußerlich nur extrem SP42 3GLRaues Vergissmeinnicht im Rasen im Postpark.schwer auseinanderzuhalten sind. Allerdings hilft hier die Aufblühzeit sehr gut zur Unterscheidung. Demnach kommt im Kamener Siedlungsgebiet Mitte die am spätesten aufblühende Art vor, die überhaupt am häufigsten von allen in NRW vorkommt. Sie beginnt auch deutlich später mit der Blüte als das im Allgemeinen noch kleinerblütige Hügel- oder Raue Vergissmeinnicht (Myosotis ramosissima).

Das Acker-Vergissmeinnicht machte früher seinem Namen alle Ehre und war in den Äckern z.B. in der Umgebung der Siedlungen um den Stadtkern Kamens sehr verbreitet und oft häufig bis massenhaft vertreten. So habe ich es zu Beginn der 1980er Jahre noch selbst gesehen. Dann aber scheint es passende Herbizide gegeben zu haben und die Pflanze ging erheblich zurück. Heute existieren zwar weiterhin Ackervorkommen, häufig lässt sich die Art in Kamener Feldern jedoch nicht mehr nennen.
Doch war das Acker-Vergissmeinnicht früher außer in Äckern auch bereits in den Siedlungen zu sehen. Neben Vorkommen in Gartenbeeten und auf Gartenwegen SP42 4GLRaues Vergissmeinnicht mit erkennbar kurzen Blütenstielen.wuchs es an Stellen, die wenig bearbeitet wurden wie auf lückig bewachsenem Brachgelände (vor allem recht viel zeitweilig auf der Monopol-Brache), in Bahngleisen sowie sonst auf Flächen an der Eisenbahn, an Hauswandfüßen, an Straßen und Wegsäumen, auf Parkplätzen und Gehsteigen, an Gartenrändern, Gebüschstreifen, Beetanlagen im öffentlichen Raum usw. An solchen Stellen im Siedlungsbereich findet man es heute noch, es ist allerdings gleichbleibend nicht häufig zu bemerken, wenn auch örtlich in größerer Zahl (so u.a. in einem Abschnitt der Derner Straße).

Während das Acker-Vergissmeinnicht, sofern nicht sogar heimisch, vermutlich in der Steinzeit mit dem Ackerbau zu uns gekommen sein dürfte, scheint das Raue Vergissmeinnicht erst in ganz junger Zeit hierhin gelangt zu sein, also ein Neophyt. Zuerst erschien es an der Eisenbahn, ist darüber wohl hauptsächlich bei uns eingewandert. Eine weitere Ausbreitung seit Ende der 1990er Jahre geschah zunächst langsam. Seit etwa zehn Jahren nahm und nimmt die Art dann deutlicher zu. Als wärme- und trockenheitsliebendes Gewächs hat sie sichtbar von trockenen, heißen Sommern profitiert. Inzwischen gibt es zerstreute Vorkommen über das Stadtgebiet - von Straßenrändern und verbrachten Stellen bis hin zu Scherrasen im Postpark und Rasengittersteinen in Großwohnsiedlungen. Eine weitere Ausbreitung erscheint sicher.

Das Raue Vergissmeinnicht blüht deutlich vor unserem Acker-Vergissmeinnicht auf und zeigt schon reichlich Früchte, wenn sich bei Letzterem gerade die ersten Blüten öffnen. Die Blütenkrone (eigentlich sind es nur die freien Zipfel, der untere Teil ist eine aus allen Kronblättern verwachsene Röhre) beim Acker-Vergissmeinnicht ist meistens erkennbar größer als beim Rauen, außerdem sind die Blätter beim Letzteren in der Regel größer. Als Hauptmerkmal gilt die Länge der Blütenstiele: Das Raue Vergissmeinnicht hat kurze Stiele, stets höchstens oder kaum erkennbar geringfügig länger als der Blütenkelch. Beim Acker-Vergissmeinnicht sind die Stiele mindestens so lang wie der Kelch, ganz überwiegend jedoch länger. Nun, das klingt kompliziert - hat man beide aber gesehen und den Anblick, den Habitus (wie Botaniker sagen), verinnerlicht, wird es kaum Verwechslungen geben.

Übrigens: Als typische Raublattgewächse (Familie Boraginaceae) sind beide Vergissmeinnichte dichthaarig und dabei - beide - relativ rauhaarig, aber nicht gleich stark wie bei anderen Mitgliedern der Familie.

Archiv: Kamener Stadtpflanzen - Folge 29: Das Wald- bzw. Garten-Vergissmeinnicht