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Kamener Stadtpflanzen - Folge 50: Schilde in Scharen: Das Scharbockskraut

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Natur & Umwelt

SP50GL 1Scharbockskraut (Ranunculus ficaria sensu lato)

von Dr. Götz Loos

SP50GL 4Bulbillen und Wurzelknollen beim ScharbockskrautKamen. Ein zumindest anfangs in Einzelexemplaren sehr frühblühendes Gewächs, das mit einem angenehm strahlenden, glänzenden Gelb in den Blüten überrascht, ist das Scharbockskraut (Ranunculus ficaria oder auch Ficaria verna). Der merkwürdige Name leitet sich von der Krankheit Skorbut ab, einer Folge von massivem Mangel an Vitamin C, die Grausames mit dem Körper anstellt und letztlich zum Tod führt. Nun haben wir heute im Allgemeinen keinen Mangel mehr an Vitamin C und deshalb ist diese Pflanze als Lieferant dafür in Vergessenheit geraten. Man muss aber aufpassen: Prinzipiell ist das Scharbockskraut giftig, nur die jungen Blätter sind zum Verzehr unbedenklich.

Das Scharbockskraut gehört nach meiner Auffassung zu einer Untergattung der Hahnenfüße. Andere Botaniker sehen es als eigene Gattung (Ficaria). Von den üblichen Hahnenfüßen weicht es durch vermehrte Zahl der "Kronblätter" ab (im Schnitt 7). Diese sind im strengen Sinne Honig- oder Nektarblätter, haben ursprünglich in ihrem untersten Teil jeweils eine Nektardrüse. Auffällig sind die Blätter: Die Spreite (also ihre Fläche) ist schildartig, unten herz- oder nierenförmig ausgerandet. Da die Sippe meist ausgesprochen gesellig wächst, sieht man also unendlich viele kleine Schilde, scharenweise, dort am Boden - aus denen gelbe Sterne herausragen.

Unsere Scharbockskräuter gehören zu einer Gruppe, die sich nahezu ausschließlich über Knöllchen ungeschlechtlich fortpflanzen, die in den Blattachseln gebildet werden. Samen entwickeln sich meist spärlich, unvollständig. Vermutlich vor allem durch Mutationen (Erbgutveränderungen) können sich aber neue Typen bzw. Sippen herausbilden, welche dann stabil durch Bulbillen als Klone vermehrt werden. Deshalb sollte man von einer Ranunculus ficaria-Gruppe reden, auch wenn es anderswo ohnehin noch deutlicher unterscheidbare Sippen gibt. In Kamen fallen z.B. örtlich konstant größerblütige Typen auf (z.B. am Hang zur Klöcknerbahnbrücke von der Danziger Straße aus). Auch die Form und Breite der Honigblätter kann stabil variieren (es gibt aber auch derartige nicht erbfeste Abänderungen). Silberne und schwarze Punkte, Streifen und Muster auf den Blättern unterliegen hingegen scheinbar nur bedingt genbedingten Veränderlichkeiten.

Nach der Blüte ist bald Schluss mit dem oberirdischen Leben für dieses Jahr. Schon im Mai ist fast alles verwelkt, nur einige Blätter sind noch vergilbt zu sehen, im Sommer sieht man praktisch gar nichts mehr. Wurzelknollen und Bulbillen sind jedoch im Boden vorhanden und überdauern bis zum neuen Austrieb im nächsten Vorfrühling.

Das Scharbockskraut liebt eher frische bis ausgeprägt feuchte (bisweilen nasse) Standorte. In Kamen-Mitte ist es zuvorderst ein Begleiter der Seseke, aber nicht nur direkt entlang des Laufes, sondern im gesamten breiten erweiterten Auenraum, der durch die baulichen Veränderungen oft nicht mehr erkennbar ist. In den Parks, in Hecken, Gehölzstreifen bis hin zu alten Gärten, Verkehrsinseln, Pflasterfugen usw. ist es ebenfalls in großen, dichten Beständen vorhanden. Und entlang der alten Klöcknerbahn sind in weiten Abschnitten in den Saumstreifen des Weges ununterbrochene Massenbestände auszumachen - kleine Schilde in Scharen eben.

SP50GL 3Große Scharbockskraut-Bestände am Klöcknerbahnweg