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Kamener Stadtpflanzen - Folge 51: Wald-Veilchen in der Siedlung

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Natur & Umwelt

SP51 1GLBestand des Wald-Veilchens (Viola reichenbachiana) an der Kastanienallee

von Dr. Götz Loos

SP51 3GLBlüten bzw. Kronen vergrößertManche werden sich wundern, wie reichlich Veilchen in unseren Siedlungen blühen. Diese sind allerdings nicht einheitlich. Über das hier verbreitete bis zumindest lokal häufige März-Veilchen (das mit dem Duft) wurde in dieser Serie schon berichtet. Unter den sonstigen Veilchen ist das örtlich häufige Auftreten des Wald-Veilchens (Viola reichenbachiana) sehr erstaunlich - wie das Wald-Veilchen bei uns überhaupt nichts Alltägliches ist.

Lange Zeit unterschied man zwischen Wald- und Hain-Veilchen, wobei die Merkmale oft nicht konsequent beachtet wurden. Dann stellte man fest, dass der übergroße Teil bei konsequenter Merkmalsbeachtung irgendwo dazwischen anzusiedeln ist, also wohl Kreuzungsabkömmlinge. Genauere Untersuchungen der letzteren Jahre zeigen eine Merkmalsstabilität vieler dieser Sippen, manchmal mit äußerst kleinen, aber auch solche mit sehr großen Verbreitungsgebieten. Diese Sippen werden als Bayerische Veilchen (Viola (x)bavarica aggr.) zusammengefasst, zumindest so lange, bis die einzelnen Sippen geklärt sind. Auch die meisten Vorkommen neben denen des März-Veilchens in den Siedlungsbereichen von Kamen-Mitte gehören hierher. Sie werden in dieser Reihe noch eigens behandelt werden.

Mutmaßlich ungekreuzte Wald-Veilchen wurden in Westfalen nur sehr selten gefunden, wobei nicht alle Vorkommen der Gruppe hinreichend untersucht worden waren und im Nachgang noch Neufunde gelangen. Die Nachweise waren jedoch lange Zeit auf Wälder beschränkt. Nachdem angefangen wurde, die verschiedenen Bayerischen Veilchen genauer abzugrenzen, zeigte sich, dass doch noch mehr Vorkommen des Wald-Veilchens existieren. Jedoch blieben Siedlungsfunde die Ausnahme.

Umso mehr überraschte das häufige Auftreten des Wald-Veilchens in der Kamener Gartenstadt, besonders an der und um die Kastanienallee. Weiter ringsherum dünnen die Vorkommen aus, finden sich jedoch bis in die Innenstadt hinein, manchmal mehr einzeln, mitunter ebenfalls in lokal großen Beständen. In den anderen Siedlungsabschnitten gedeihen hingegen sehr verbreitet bis teils häufig Sippen der Bayerischen Veilchen - solche aber auch dort, wo das Wald-Veilchen wächst.

Das "wirkliche" Wald-Veilchen ist bezüglich der Kronen farblich hell- bis bleichviolett, nur der Sporn auf der Rückseite ist dunkler. Von vorn auf die Blüte geblickt, bildet die duftlose Krone im Umriss nahezu ein aufrechtes Rechteck, verglichen mit den Kronen der meisten Bayerischen Veilchen ist diese einheitlich relativ klein. Ein gutes Merkmal, das mit der Lupe inspiziert werden kann, besteht in der lückigen, starren, dicklichen Behaarung der Griffel. Ein anderes liegt unterhalb der veilchentypisch herzförmigen Blattspreiten bei den Nebenblättern, die randliche Fransen aufweisen, welche länger als die Nebenblattfläche sind.

Der Begriff: Sippe

Unter dieser neuen Rubrik soll jeweils ein im betreffenden Beitrag verwendeter botanischer Fachausdruck erklärt werden. Der erste Begriff ist derjenige der Sippe.

In der Klassifizierung von Lebewesen (Taxonomie) gibt es verschiedene Rangstufen. Die grundlegende Rangstufe ist die der Art. Die nächste Rangstufe darüber ist die Gattung, zu der man einander verwandte Arten zusammenfasst. Die nächste Rangstufe unter der Art ist diejenige der Unterart (Subspecies). Beiderseits der Art gibt es eine ganze Reihe an Rangstufen in einem hierarchischen System. Will man sich nicht auf eine Rangstufe festlegen, meist weil die Beurteilung, ob eine Art oder Rangstufen darunter vorliegen, noch zu unklar erscheint, spricht man von Sippen.