Kamener Stadtpflanzen - Folge 59: Bitte nicht in die Haare: Die Große Klette
von Dr. Götz Loos
Kamen. Im Beitrag zur Echten Nelkenwurz letztens wurde die besondere Ausbreitung von Pflanzen mit Klettfrüchten besprochen. Hier nun die Meisterin dieser Ausbreitungsform (zumindest was die Größe der Fruchtstände betrifft): Die Große Klette (Arctium lappa). Sie ist von den in Kamen vorkommenden vier Klettenarten und den Kreuzungen - Kletten treiben es ungehemmt über die Artgrenzen hinweg, im ehemaligen elterlichen Garten in Westick ergaben sich spontane Hybriden unter Beteiligung von mindestens drei Arten - die häufigste im Stadtgebiet und auch im Siedlungsbereich Mitte.
Es handelt sich um eine zweijährige Pflanze, bei der im ersten Jahr nur die Grundblätter erscheinen. Sie erreichen bis über einen halben Meter Länge und sind aufgrund ihrer Größe auffällig. Wegen ihrer Spreitenform werden diese wegen ihrer oberflächlichen Ähnlichkeit im Volksmund bei uns als "Wilder Rhabarber" bezeichnet, mit dem die Kletten jedoch verwandtschaftlich nichts zu tun haben. Verglichen mit anderen Klettenarten, sind die Blattspreiten am Rand deutlich weniger gewellt, weshalb die Große Klette auch nichtblühend einigermaßen sicher erkannt werden kann. Kombiniert ist diese Gestalt mit innen durchgehend markigen Blattstielen.
Die Wuchshöhe der Großen Klette kann beträchtlich sein: 0,8 bis 1,5 Meter sind verbreitet, einzelne Bestände erreichen aber auch fast 2 Meter. Die Stängel können aufrecht bis stark überhängend sein, wobei reiche Blütenstandsentwicklung wohl teilweise nicht erblich für ein Überhängen sorgt. Denn die köpfchen- oder körbchenähnlichen Blütenstände, die wie bei Korbblütlern üblich jeweils eine Einzelblüte vortäuschen (Pseudanthien), sind bei dieser Art sehr groß und entsprechend schwer, in der Gestalt rundlich bis kugelig und sehr viel weniger behaart als bei anderen Kletten. Für Kletten typisch sind die Widerhaken an den Blütenhüllblättern, wodurch die Blüten- und vor allem die später daraus entstehenden Fruchtstände an Tier und Mensch hängenbleiben.
In allen Ehren für diese Ausbreitungsform, aber wenn auch die meisten Früchte problemlos abfallen, so sind doch zumindest die Reste manchmal schwer aus der Kleidung zu entfernen. Noch schlimmer ist es, wenn sie ins Hundefell oder ins Menschenhaar gelangen, besonders geknäuelt. Gerade Kinder schmeißen sich die Fruchtstände (im Volksmund früher oft "Soldatenknöpfe" oder "Kleber") gern beim Spiel in die Haare - und die Eltern haben dann den Salat des möglichst schmerzfreien Entfernens...
Die Große Klette bevorzugt stickstoffreiche Standorte, insbesondere Staudenfluren an Säumen jeglicher Art, und hat sich deshalb mit der Überdüngung der Landschaft zumindest etwas ausgebreitet. Andererseits hat der zugenommene, übertriebene bzw. unsinnige "Ordnungssinn" für einen Rückgang in Siedlungsgebieten gesorgt. In den Siedlungen von Kamen-Mitte gibt es noch genügend Plätze für die Art, sie hat seit den 1980ern hier etwas zugenommen und findet sich zerstreut, jedoch örtlich recht zahlreich, über den ganzen Raum.
Der Begriff: Blattspreite
Was landläufig als Blatt einer Pflanze angesehen wird, ist in Wirklichkeit nur ein Teil davon. Diese Blattfläche oder, botanisch korrekt, Blattspreite bildet zusammen mit dem Blattstiel das Oberblatt. Am Grunde des Blattstiels sitzen häufig, je nach Gattung und Art, beiderseits Gebilde, deren Form von kleinen Fäden bis hin zu größeren blattspreitenähnlichen "Blättchen" reicht. Dies sind die Nebenblätter, welche mit dem Blattgrund (meist dem untersten Ende des Blattstiels) das Unterblatt bilden.
Die Blattspreite kann auch tief eingeschnitten sein, ihre Teile bezeichnet man dann als Fiedern. Ist die Blattspreite in blattspreitenähnliche "Teilblätter" aufgeteilt (mit jeweils eigenen Stielen, den Stielchen), so nennt man diese Form auch gefiedert, dabei gibt es dann verschiedene Formen, bis hin zu gefingert. Die "Teilblätter" nennt man am besten Blättchen ("Blattfiedern" ist zu uneindeutig).