Kamener Stadtpflanzen - Folge 70: Fünf Finger und manchmal mehr: Das Kriechende Fingerkraut
von Dr. Götz Loos
Kamen. Blätter, die vom Boden aufsteigen - das verweist auf einen kriechenden Stängel. Es ist zwar nicht das einzige Fingerkraut, das so wächst, aber unser häufigstes, das Kriechende Fingerkraut (Potentilla reptans). Dennoch lässt es sich nicht überall aufspüren. Im Kreis Unna ist es an der Lippe häufig und in Mengen vorhanden, dann fehlt es örtlich oder ist selten, dann wieder reichlich in einzelnen kleineren oder größeren Regionen - und der Kamener Stadtbereich Mitte gehört teilweise dazu. Vornehmlich längs der Seseke (mithin am Sesekeweg) finden sich meist ausgedehnte Vorkommen.
Es ist ein Rosengewächs. Wenn man die Blüten (und Blätter - mit Nebenblättern) überprüft, sieht man die ganzen charakteristischen Merkmale samt der Anmutung einer winzigen Wildrosenblüte, nur in vollem Gelb. Die am Rand der Spreitenteile recht grob, aber regelmäßig gesägten Blätter sind gefingert gefiedert. Normalerweise finden sich je Blatt fünf solche Fiedern oder Blättchen oder Spreitenteile; deshalb heißt die Art auch "Fünffingerkraut". Doch insbesondere an der Seseke, bis nach Heeren-Werve und Bönen, kommen regelmäßig auch Bestände vor, bei denen wenigstens die gut und voll entwickelten Blätter bis zu sieben, selten auch acht Fiedern aufweisen.
Trockenere Standorte, mehr oder weniger kurzgrasig, werden bevorzugt besiedelt. Dies sind auch oft Scherrasen, da dem Kriechenden Fingerkraut hier die hochwüchsige Konkurrenz vom Leibe gehalten wird. Mit seinen kriechenden Treiben überzieht es auch groben Schotter und Kiesflächen mühelos. An den Knoten der Triebe bildet es Wurzeln, so wie man es von den verwandten Erdbeeren her kennt. Am Ufer der Seseke lässt sich jedoch ebenso die Übernahme von grasigen Feuchtstandorten beobachten. Wird hier die Konkurrenz mächtig, kann aus der meist in kleinwüchsigen Ausbildungen wachsenden Art eine großblättrige mit langen Blattstielen werden. Dauerhafter Überwucherung erliegt es allerdings nach einiger Zeit.
Der Begriff: Rosengewächse
Wenn man den Namen dieser Familie hört, denkt man unwillkürlich zuerst an Rosen selbst. Die Zier-/Edel-Rosen in den Gärten mit ihren gefüllten Blüten sind zweifellos ein traditioneller Ausdruck von Schönheit und Erhabenheit, haben aber wenig zu tun mit den typischen Merkmalsausprägungen in der Familie. Immerhin gehören hierhin auch Brom-, Him- und Erdbeeren, Nelkenwurze, Odermennige, das ganze Stein- und Kernobst (Kirschen, Pflaumen, Pfirsich, Apfel, Birne, Quitte...) etc.
Rosengewächse besitzen in aller Regel 5 Kronblätter in der Blüte, dabei zahlreiche Staubblätter und Griffel. Sie ähneln darin vielen Hahnenfußgewächsen, allerdings haben sie Nebenblätter. Und bei Rosengewächsen sind außer 5 Kronblättern auch fast immer 5 Kelchblätter vorhanden, während die meisten Hahnenfußgewächse keine Kelchblätter aufweisen und oft die scheinbaren Kronblätter in Wahrheit Sonderbildungen (so genannte Honig- oder Nektarblätter) sind.