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Kamener Straßennamen: Nordstraße

am . Veröffentlicht in Stadtgeschichte

Blick auf die Nordstraße im Sommer 2015. Foto: KamenWeb.devon Edith Sujatta

Foto: Nordstraße Blickrichtung Kreisverkehr Nordenmauer / Hertie Immobilie (C) KamenWeb.de

Die zum Nordtor führende Straße war im Volksmund jahrhundertelang die Viehstraße. Hier führte der Hirte morgens das bei den Ackerbürgern eingesammelte Vieh zur Almende (Gemeinschaftsweide), oder zur Hude (von „hüten“) in den Gemeindewald. Das Recht auf die sogenannten vier „W“ (s. weiter unten) war allerdings mit dem Bürgerrecht verbunden. Man mußte Grundbesitz in den Mauern haben und den Bürgereid geleistet haben. Nach dem Besitz in der Stadt richtete sich die Nutznießung in den Feldmarken und des Busch- und Waldbesitzes einer Stadt. Die vier „W“ sind die Rechte auf das Wasser in den öffentlichen Brunnen, Weide für das Vieh, Wiese zur Heugewinnung, Holz und Buschen (mit Buschen wird der Backofen beheizt) aus dem Wald mit Eichelmast. Einwohner, also Leute ohne eigenes Haus oder Zugereiste ohne Bürgerrecht, waren ausgeschlossen, Juden natürlich auch.

Es heißt nicht umsonst, was allen gehört, gehört keinem, jedenfalls wenn es um die Pflege geht. Jeder versuchte soviel herauszuschlagen wie möglich. Ein Drittel der Weiden und Wiesen mußten im Wechsel liegenbleiben, zur Erholung, aber oft wurde dort dann der Mutterboden in Plaggen abgeschält, um die eigenen Böden zu verbessern. 1834 wurden die Heiden geteilt und an die Bürger verkauft.

Das Nordtor war ähnlich gut gesichert wie das Rennentor an der Bahnhofstraße, es hatte ebenfalls ein sogenanntes (zweistöckiges) Homey als Vortor. Das war auch notwendig, denn hinter der Lippe lauerte der Feind. Die Bischöfe von Münster hätten sich die Grafschaft Mark, die einzige weltliche Herrschaft weit und breit, zu gern einverleibt. Das ging von kleinen Scharmützeln und Viehdiebstählen bis zum Angriff mit Kanonen. Besonders die Lünener hatten wegen ihrer Nähe zur Lippe zu leiden, sie mußten sogar ihre Kirche auf die andere Lippeseite verlegen, um den  Kanonen der Münsterschen kein Angriffsziel zu bieten. Verstärkt wurde das noch in der Reformationszeit, da wurde die Lippe noch zusätzlich die Glaubensgrenze zum katholischen Münsterland. Das Mißtrauen gegen die evangelischen Abtrünnigen findet sich sogar in den Schriften der Anette von Droste Hülshoff.

Geschützt wurde das Tor, das zur Münsterstraße führte, durch den Reck-zu- Reckschen Hof. Er stand auf dem Karstadt/ Hertie Gelände (heute Kamen Quadrat). Viele Kamener kennen ihn noch unter dem Namen des letzten Besitzers als „Vogelhof“. Auf dem Gelände der Ställe, des Gartens und der Wirtschaftsgebäude entstand eine Zechensiedlung. Das Wohngebäude blieb bis zum Abriß der Siedlung als Mietshaus erhalten.
Um den Burgmannshof ist es sicher schade, um die Häuser genau so sicher nicht. Die Wohnungen waren klein, besonders für Familien mit wie damals üblich vielen Kindern, die sanitären Verhältnisse für unsere Zeit unmöglich. Aber die Nachbarschaften haben trotz der Enge gut funktioniert, aus den meisten Kindern sind gut angesehene Leute geworden.