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Protesttag am 5. Mai: Arbeitsmarkt in der Pandemie für Menschen mit Behinderung schwierig

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Uncategorised

Münster/Westfalen-Lippe (lwl). Die Corona-Krise ist für viele Menschen mit Behinderungen in Arbeit eine besondere Herausforderung, so der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als einer der größten Hilfeträger Deutschlands. Steigende Arbeitslosenzahlen unter Menschen mit Behinderungen, massiver Umsatzausfall bei Inklusionsbetrieben und geschlossene Werkstätten prägten im Frühjahr 2020 das Bild. Zwischenzeitlich hatte sich im Sommer 2020 manches normalisiert, wurde aber mit der zweiten und dritten Corona-Welle wieder schwieriger.

"So wie wir als Gesellschaft anderen Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt helfen, müssen wir auch die Menschen mit Behinderungen und ihre Betriebe eine Zeit lang stützen", sagt LWL-Sozialdezernent Matthias Münning anläßlich des Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am Mittwoch (5.5.). Dazu hätten das Land NRW und der Bund Unterstützungsprogramme aufgelegt. Münning: "Wir bringen die Hilfen an die richtigen Stellen und zu den Menschen." Das Land hat die Inklusionsbetriebe in Westfalen-Lippe mit 4,5 Millionen unterstützt, der Bund hat im Rahmen des Corona-Teilhabe-Fonds zehn Millionen Euro für Einrichtungen der Behindertenhilfe, Sozialkaufhäuser und Inklusionsunternehmen in Westfalen-Lippe bereitgestellt.

Arbeitslosenzahl gestiegen
Die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung ist coronabedingt seit März 2020 in Westfalen-Lippe um fast 1.760 (7,6 Prozent) auf aktuell 24.765 (davon 14.932 Männer und 9.833 Frauen), gestiegen. Der vorläufige Höhepunkt war im August 2020 mit 25.461 Personen erreicht. Seitdem hatte die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen wieder um ins-gesamt 969 Personen abgenommen. Im Januar 2021 allerdings erreichte diese Zahl mit 25.243 wiederum einen Höhepunkt.
"Dieser enorme Anstieg der Arbeitslosenzahlen macht uns große Sorge. Denn hinter jedem Einzelfall steht das Schicksal eines Menschen", sagte Münning. "Für Menschen mit Schwerbehinderung ist es viel schwerer, ins Arbeitsleben zurückzufinden. Da ist unser ganzes Engagement gefragt. Der LWL setzt sich mit allen denkbaren Instrumenten ein."

Arbeitsverträge nicht verlängert
Die bislang ca. 290 Kündigungen, die einen engen Bezug zur Pandemie hatten, stellten auf dem westfälischen Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen nur einen kleinen Anteil an der sprunghaft gestiegenen Arbeitslosenzahl dar. "Viel stärker wirkte sich aus, dass befristete Arbeitsverträge, die ausgelaufen sind, nicht verlängert wurden oder junge Menschen mit Behinderung nach ihrem Ausbildungsabschluss nicht übernommen wurden. Außerdem haben viele Unternehmen geplante Einstellungen nicht durchgeführt oder Saisonarbeitskräfte nicht eingestellt", so Hartmut Baar vom LWL-Inklusionsamt Arbeit. Aber auch die Zahl der Insolvenzen und der Teilbetriebsschließungen und die damit verbundenen betriebsbedingten Kündigungen nähmen zu, so der Fachmann. Die coronabedingten Kündigungen verteilen sich dabei relativ gleichmäßig über gesamt Westfalen-Lippe

Auch Inklusionsbetriebe von der Krise betroffen
Die 171 westfälischen Inklusionsbetriebe und Abteilungen sind unterschiedlich von der Corona-Pandemie betroffen. "Das hängt sehr von der jeweiligen Branche ab. Während Inklusionsabteilungen und Garten- und Landschaftsbaubetriebe zum Beispiel weniger betroffen sind, hat es die Betriebe in der Hotellerie und Gastronomie stark erwischt. Sie mussten lange und immer wieder schließen und hatten deshalb in großen Teilen des Jahres 2020 einen fast kompletten Umsatzausfall, die Fixkosten wie Mieten und Löhne liefen aber weiter", so Baar. "Die Inklusionsbetriebe haben sehr kreativ und engagiert auf die Krise reagiert. Im Ergebnis hat es hier bis heute fast keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben, dass ist ein sehr großer Er-folg". Die Betriebe benötigten weiter dringend Unterstützung.

Um die entstandenen finanziellen Lücken zu füllen, haben rund die Hälfte der Inklusionsbetriebe Kurzarbeitergeld und Liquiditätshilfen beantragt. Um Zahlungsprobleme zu vermeiden, hat das LWL-Inklusionsamt Arbeit den Betrieben angeboten, laufende Zuschüsse früher auszuzahlen. Diese Möglichkeit haben die meisten Betriebe genutzt.

Zudem habe das Land NRW darauf reagiert und es ermöglicht, dass auch Inklusionsunternehmen, die in Folge der Corona-Pandemie unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, unterstützt werden können. Neben diesem Landesprogramm hat auch das Bundessozialministerium mit dem Corona-Teilhabe-Fonds ein Förderprogramm aufgelegt, dass u.a. die betroffenen Inklusionsbetriebe ebenfalls unterstützt. Für Westfalen-Lippe steht vom Bund ein Betrag von rund zehn Millionen Euro zur Verfügung.

Hintergrund: Inklusionsbetriebe
In Westfalen-Lippe arbeiten zurzeit 2.270 Menschen mit Behinderung in 171 Inklusionsbetrieben mit Menschen ohne Behinderung (Gesamtbelegschaft 4.300) zusammen.
Als Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes müssen sie sich - wie jedes andere Unternehmen - mit ihren Produkten und Dienstleistungen am Markt behaupten. Die Betriebe sind dabei in unterschiedlichen Branchen tätig. Etwa 30 Prozent der Unternehmen sind in den Bereichen Gastronomie/Catering und Hotellerie tätig, gefolgt von den Bereichen industrielle Dienstleistungen und Handwerk. Weitere größere Branchen sind insbesondere Garten- und Landschaftsbau, Einzelhandel, Wäschereien und Gebäudereinigung.

Werkstätten für behinderte Menschen wieder im Normalbetrieb
Die 60 Werkstätten für behinderte Menschen in Westfalen beschäftigen 38.000 Menschen mit Behinderung. So können diese ihr "Recht an Teilhabe am Arbeitsleben" wahrnehmen.

Die Werkstätten waren in der Zeit von März bis Mai 2020 geschlossen, danach fuhren sie den Betrieb langsam bis zum 21. September 2020 wieder hoch. "Die Werkstätten haben gezeigt, dass sie gute Konzepte hinbekommen, um Menschen in den Werkstätten auch während der Pandemie zu betreuen. Die Erfahrungen zeigen, dass dieses in den meisten Fällen auch gut gelingt", sagte Baar.

Zurzeit werden gut 70 Prozent der Werkstattbeschäftigten in den Räumen der Werkstatt und weitere 14 Prozent in anderer Form an anderem Ort (eigene Wohnung, besondere Wohnform) betreut.