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Musikkritik: 9. Sinfoniekonzert: „Spanien im Revier“ als sommerlicher Reihenabschluss mit Comedy-Posaune

am . Veröffentlicht in Lokalnachrichten

Pixabay.comvon Dr. Götz Heinrich Loos
Kamen. „Spanien im Revier“ war das Motto des letzten Konzertes der Sinfonischen Reihe der Spielzeit 2015/16 am Mittwochabend in der Konzertaula. Ein scheinbares „Mammutprogramm“ mit fünf Werken stand auf dem Spielplan, um die Sommerpause mit südlichem Flair einzuläuten. Rasmus Baumann leitete die Neue Philharmonie Westfalen.

Joaquín Turinas „La procesión del Rocío“ wurde als erstes Werk aufgeführt. Zu deutsch heißt das Werk: „Die Prozession des Morgentaus“, gefeiert in Triana, einem Viertel Sevillas, aus dem der Flamenco stammen soll, der jedenfalls im ersten Teil des Werkes auch eine bedeutende Rolle spielt. Dieser erste Satz beginnt mit schwankend wirkenden Rhythmen, die sich in ausgelassene Tänze verwandeln. Rasmus Baumann gelang der taktmäßig wankende Einleitungsteil bestens und auch der weitere Verlauf des Satzes wurde glänzend genommen, alles in einem angemessenen Tempo, das trotz der Ausgelassenheit eine Transparenz gewährleistete, die die schönen Klänge hervortreten ließ. Die eigentliche Prozession ist im zweiten Satz dargestellt, ohne Unterbrechung zum ersten, jedoch mit Flöte und Trommel als Signal des Prozessionsbeginns. Nun stellt sich Feierlichkeit ein, gesteigert zu einem Marschrhythmus und wiederum von den ausgelassenen Tanzmotiven durchwoben. Das Orchester spielte das Gesamtwerk „aus einem Guss“ mit der erwähnten Durchsicht mit daraus entstandener Klangschönheit. Hier war nichts zu bemängeln.

Das zweite Werk war unzweifelhaft „neu“: 2003 von seinem Komponisten, dem Posaunenvirtuosen Mike Svoboda uraufgeführt, bekommt man es nicht regelmäßig zu hören, zumal mit dem Komponisten als Solisten! „’Love hurts – Carmen Remix’ für Posaune und Orchester nach Themen von Georges Bizet“ – so der Titel, der andeutet, dass hier Melodien aus Bizets Oper „Carmen“ „verwurstet“ wurden, wie Svoboda selbst andeutet. Ohne Frage ein „neutönerisches“ Werk, in dem man vor allem die Einflüsse von Stockhausen wieder findet. Aber es ist kein Werk der Strenge, der „reinen Lehre“ – sondern ein Spiel mit Stilen und Einfällen, mit Improvisationen und Versatzstücken, mit allen Facetten der Posaune und vielen des Orchesters, stets spielerisch und mit komödiantischen Elementen, so dass man es am besten als „musikalischen Spaß“ oder „Musik-Comedy“ auffassen kann; nicht umsonst nannte die FAZ die Werke Svobodas „Adult Entertainment“, was hier als individueller Gattungsbegriff trefflich erscheint. Aber es ist Comedy mit Tiefgang, mit Nutzung sämtlicher klanglicher, tönender Möglichkeiten – basierend auf einer intimen Kenntnis des Instrumentes Posaune wie auch seiner Wirkungen im Kontext mit einem Sinfonieorchester. Svoboda erzeugte sämtliche vorstellbaren Posaunenklänge und -geräusche (teils mit Dämpfern, teils nur mit Teilen der auseinandergebauten Posaune), die solistisch mitunter etwas befremdlich wirkten, sich aber in die Orchesterpartien mühelos einfügten. Der Körpereinsatz Svobodas war groß, manchmal musste die Posaune hin- und herbewegt werden, zweimal rückte er Baumann sehr auf die Pelle, übernahm sogar zwischenzeitlich den Taktstock. Die „Carmen“-Melodien waren teilweise in Stücke zerfetzt, die kaum noch erkennbar schienen, teils wirkten sie klar und deutlich, wurden aber teilweise stückchenartig wiederholt wie bei einem Sprung in der Schallplatte. Ein Blechbläserensemble aus Trompeten und Posaunen spielte (zunächst) hinter der Bühne klar-tonale Exzerpte, während auf der Bühne zeitgleich Atonalität herrschte. Sicher war das Werk eine Geschmacksfrage. Aber wenn man es als „Adult Entertainment“ verstand, ohne zuviel Wichtigtuerei, dann war es spaßige Unterhaltung, an der auch der Komponist und Solist sichtlich Vergnügen hatte. Die Zugabe war noch skurriler: Ein Werk für Abflussrohr (ja, das war es wirklich!) und Publikumsbeteiligung. Während Svoboda dem Rohr Didgeridoo-Klänge entlockte, musste das Publikum zuvor einstudierte Laute von sich geben und machte auch vorbildlich mit.

Chabriers „España“-Rhapsodie folgte, jenes populäres Werk mit bekannten Melodien, das viele mit Spanien verbinden, selbst wenn sie Titel und Komponist nicht kennen – wobei es die Elemente des Jota-Tanzes sind, die das Wiedererkennen dieses wie anderer Werke spanischer Provenienz in der klassischen Musik fördern. Die Interpretation war schwungvoll und glänzend, alles bestens!
Danach kam die Suite Nr. 2 der Ballettmusik aus Manuel de Fallas „Dreispitz“ (im Original: „El Sombrero de tres Picos“), wiederum mit charakteristischen spanischen Tänzen. Am eingänglichsten und vielleicht bekanntesten ist dabei gewiss der erste Tanz, aus Seguidillas aufgebaut: „Danza de los vecinos“ (der „Nachbarn-Tanz“), teils mit furiosen, teils mit anrührenden, zarten Elementen. Der „Danza final“ ist wieder eine Jota, mit kräftiger Dynamik. Auch hier leisteten Orchester und Dirigent beste Arbeit – eine hochrangige Qualität, ohne dass irgendwelchen Abstriche gemacht werden können.
Das Konzertende bildeten die vier Sätze von Ravels „Rapsodie espagnole“ – wiederum ein bekanntes Werk, das sein Markenzeichen im Vierton-Motiv der geheimnisvollen Nachtstimmung des ersten Satzes findet. Seine ständige Wiederholung sowie sein leises Aufscheinen wieder im vierten Satz prägen eine Hörmarke innerhalb des sich sonst steigernden Gesamtwerkes („rauschhaft“, wie im Programmheft treffend charakterisiert). Wieder gelang die Interpretation in allem. Rasmus Baumann verstand es bestens, die richtigen Tempi und Ausdrucksformen zu finden. Die nun anstehende Sommerpause ist infolgedessen optimal verdient worden. Und das Konzert belegte abermals (und in der x-ten Wiederholung meinerseits) die hohe Qualität des Orchesters, das sich nicht hinter so genannten „Spitzenorchestern“ verstecken muss.