"Schwarz" im VKU-Bus: Freizeitarbeit für Betrugsversuch

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Es blieb sozusagen in der Familie. Aber es war trotzdem eine Straftat. Der 19-jährige Kamener Tobias T. (Name geändert) saß am späten Mittag des 10. Juni vorigen Jahres in einem Bus der VKU-Linie R81 und gondelte durch die Nachbarstadt Bergkamen, als plötzlich ein Kontrolleur seinen Fahrschein sehen wollte. Tobias T. legte ihm auch ein Ticket vor. Das gehörte allerdings seiner Schwester - und natürlich wusste er das. Folge war jetzt eine Betrugsanklage vor dem Jugendrichter am Amtsgericht in Kamen.

Er habe schlicht kein Geld bei sich gehabt, als er die Fahrt antreten wollte, erklärte der junge Mann im Sitzungssaal. Er war bisher nicht weiter unangenehm aufgefallen - es gab bloß mal eine eher geringfügige Verfehlung 2021, also noch in seiner Zeit als Jugendlicher. Phasenweise lebte er in einer Wohngruppe; heute wohnt er bei seinen Eltern. Und mittlerweile gilt Tobias T. den Juristen als "Heranwachsender", weil zwischen 18 und 21 Jahre alt. Eine erfreuliche Perspektive: T. geht aufs Berufskolleg, um seinen Realschulabschluss zu machen. Später möchte er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beginnen.

Für die betrügerische Busfahrt bleibt es bei einem erhobenen Zeigefinger des Gerichts, verbunden mit der Auflage, 20 Stunden Freizeitarbeit abzuleisten. Sobald Tobias T. das erledigt hat - und sofern er sich dafür nicht zu viel Zeit lässt -, wird das Verfahren gegen ihn endgültig eingestellt.

Statt iPad nur die Hülle übergeben: Strafbefehl gegen Zusteller

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von Andreas Milk

Kamen. Im Januar 2024 war der heute 21 Jahre alte Kamener Georgi K. (Name geändert) für Amazon als Auslieferungsfahrer unterwegs. Es ist anzunehmen, dass er den Job inzwischen nicht mehr macht. Fragen konnte ihn der Jugendrichter nicht danach - denn dafür hätte K. erst mal zu seinem Verhandlungstermin kommen müssen. Er blieb weg. Verurteilt wurde er trotzdem: Es wurde ein Strafbefehl in Abwesenheit erlassen.

In dem Prozess hätte über zwei Vorwürfe gegen Georgi K. gesprochen werden sollen. Im ersten Fall sollte er vor gut einem Jahr an einer Lieferadresse zwei Päckchen zustellen: eins enthielt ein iPad, das andere enthielt eine passende Hülle. K. - so die Anklage - lieferte nur die Hülle aus; das iPad behielt er. Etwas später soll er dann noch  dreister vorgegangen sein. Er sollte ein iPhone zustellen - dieses Päckchen war mit einem PIN-Code belegt, den der rechtmäßige Empfänger dem Zusteller nennen muss. Der Zusteller gibt den - ihm selbst vorher nicht bekannten - Code ins System ein, und die Sendung ist damit als "korrekt zugestellt" abgehakt. K. ließ sich vom iPhone-Empfänger den Code nennen, behauptete dann, er habe, hoppla, das falsche Päckchen in der Hand, lief zurück zu seinem Zustellfahrzeug - und verschwand.

Das iPad und das iPhone sollen als Geburtstagsgeschenke für Georgi K.s Freundin gedacht gewesen sein. K. muss nachträglich teuer dafür bezahlen: Der Strafbefehl wurde mit 80 Tagessätzen à 30 Euro angesetzt - 2.400 Euro also. K. kann dagegen Einspruch einlegen. Es gäbe dann einen zweiten Verhandlungstermin. Ignoriert er auch den, wird die Strafe endgültig rechtskräftig. Und: Zu der Geldstrafe kommen nochmal 1.709 Euro. Das ist der sogenannte Wertersatz für die verschwundenen Geräte: Die Staatsanwaltschaft wird versuchen, diese Summe bei Georgi K. einzutreiben.

Klau bei Netto: Jetzt droht sogar Haft

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von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Ins Gefängnis wegen gestohlener Lebensmittel für 62 Euro: Das drohte der 57-jährigen Heerenerin Monika G. (Name geändert) in einem Prozess vor dem Amtsgericht. Im Netto-Markt an der Bertolt-Brecht-Straße soll die dutzendfach vorbestrafte Frau im Sommer 2024 zugelangt haben. An und für sich wäre eine Haftstrafe fällig - zumal der Diebstahl während einer laufenden Bewährung geschehen sein soll.

Bei dem Vorfall am frühen Nachmittag des 19. Juli soll Monika G. lediglich eine Flasche Korn aufs Band gelegt, den Einkaufswagen mit den Lebensmitteln aber seelenruhig an der Kasse vorbei manövriert haben, ohne dafür zu zahlen. Vor dem Richter bestritt sie das: "Ich werd' doch nicht so bescheuert sein, wenn ich Bewährung hab'!" Es sei vielmehr so gewesen: Ihr selbst gehörte nur die Flasche Korn. Den Wagen mit den Sachen habe sie aus Gefälligkeit für eine unbekannte Frau mit Rollator ins Freie schieben wollen. Und diese Unbekannte habe zu dem Zeitpunkt mit dem Wagen die Kasse längst passiert.

Dem widersprach eine Zeugin seinerzeit bei der Polizei: Danach war es eben doch Monika G. selbst, die den Einkaufswagen durch den Kassenbereich bugsierte.
Nun ist in der Angelegenheit erst mal Pause. Der ursprünglich zuständige Richter - beim Termin heute wegen Krankheit verhindert - soll klären, wie es weiter geht. Zur Debatte steht eine Vernehmung der Zeugin - aber auch die Einholung eines Gutachtens zu Monika G.s Schuldfähigkeit. Die notorische Diebin sagt von sich selbst, sie lasse sich Lebensmittel inzwischen zum großen Teil nach Hause liefern, um das Betreten von Geschäften zu vermeiden. Körperliche Gebrechen und ihr Status als Bezieherin von Sozialleistungen und Pflegegeld machen es nicht leichter.

Entrümpelung übertrieben: "Klüngelskerl" ein Klaubock

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Kamen. Lucian H. (Name geändert) hatte sich in eine unglückliche Lage gebracht. Sollte er nun vor dem Kamener Strafrichter lieber einen Diebstahl einräumen - oder ein neues Verfahren wegen Schwarzarbeit riskieren? Es ging um einen Auftrag, den H. am 24. September 2024 in einem Kleingarten an der Bergkamener Königslandwehr erfüllte. Oder wohl eher über-erfüllte.

H.s Job sollte sein, mit seinem Kleintransporter Schrott abzutransportieren. Das tat er auch - aber er nahm laut Anklage noch sehr viel mehr mit. So verschwanden Werkzeuge, Rollschuhe, das Gestänge eines Pavillons, eine Puppe, eine Mistgabel sowie Weihnachtsdekoration. Gesamtwert: um die 400 bis 500 Euro.

Lucian H. beteuerte im Gerichtssaal, nur das weggebracht zu haben, was mit seinem Auftraggeber vereinbart worden sei. Dieser Auftraggeber kann dazu nichts mehr sagen - aber seine Witwe. Die hatte bei der Polizei erklärt, bestohlen worden zu sein. Das führte zu einem Strafbefehl gegen H. in Höhe von 50 Tagessätzen à 30 Euro. H. legte Einspruch ein. Folge war jetzt eben der Gerichtstermin.

Und der ging in gewisser Weise für H. - vorbestraft wegen Betrugs und Steuerhinterziehung - erfreulicher aus als für die beklaute Frau. Denn entsprechend seinem Einkommen als Bürgergeldbezieher und Minijobber wurde die Tagessatzhöhe halbiert auf 15 Euro. Statt 1.500 Euro muss Lucian H. also "nur" 750 Euro Strafe zahlen. Darüber, dass H. die Entrümpelung mutmaßlich "schwarz" erledigte, wird die Staatsanwaltschaft gnädig hinweg sehen. Die Frau bleibt auf ihrem Schaden sitzen. Sie könnte versuchen, H. zivilrechtlich zu belangen. Aber das ist die Geschichte mit dem nackten Mann, dem man nicht in die Tasche greifen kann: Auch mit einem gerichtlich bestätigten Anspruch gäbe es bei Lucian H. nichts zu holen.

Autoklau per Funkschlüssel: Flucht nach Polen vereitelt - Haftstrafe

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von Andreas Milk

amtsger19NKWKamen. High-Tech-Autodiebstahl in Heeren in der Nacht zum 8. August 2024: An der Straße Zum Mühlbach wurde ein Audi SQ5 mit Hilfe eines Funkwellenverstärkers gestohlen. Wenig später war der Wagen auf dem Weg nach Polen. Der Mann, der hinterm Steuer saß, saß heute als Angeklagter im Kamener Amtsgericht: Andrej H. (34, Name geändert). Die Zeit seit seiner Festnahme hatte er in U-Haft verbracht - nun kam er wieder frei. Der Richter verurteilte ihn zu anderthalb Jahren Gefängnis - ausgesetzt zur Bewährung.

H., ehemals Bauarbeiter, ist obdachlos. Und er war vergangenen Sommer wohl Teil eines Räderwerks. Seine riskante Aufgabe: Die Überführung des geklauten Fahrzeugs, das vorher ein anderer Täter geknackt hatte. H. übernahm den Audi - dessen Nummernschild ausgetauscht worden war - an einer Tankstelle in der Nähe des eigentlichen Tatorts. Er fiel auf, nachdem die Polizei auf einem Autobahnabschnitt in Sachsen bei der Fahndung nach einem anderen gestohlenen Auto einen Stau ausgelöst hatte: H. - der keinen Führerschein hat - versuchte zu entkommen. Er geriet in die Leitplanke - und fuhr weiter. Die Polizei legte ihm schließlich einen Nagelgurt in den Weg. Sie fasste H. - mittlerweile zu Fuß - in der Nähe eines Wäldchens. Er habe sich dort auf eine Wiese gelegt und widerstandslos festnehmen lassen, erinnerte sich im Prozess ein Kriminalbeamter. Vorgestellt habe sich H. als Peter McKenzie aus London - "das fanden wir ganz witzig".

Der Kripomann hat regelmäßig mit ähnlichen Fällen zu tun. Der Autoklau per Funk sei "leider sehr einfach". Das Signal des Funkschlüssels, der im Haus des rechtmäßigen Autobesitzers liegt, wird von einem Täter vor dem Haus aufgenommen und verstärkt. Ist der Motor erst mal in Gang gesetzt, darf er allerdings nicht mehr abgestellt werden - sonst war's das mit der Flucht. Hinter der polnischen Grenze, so die Erfahrung des Beamten, würden die erbeuteten Fahrzeuge binnen 24 Stunden in Einzelteile zerlegt. Und die lassen sich gewinnbringend verkaufen.

Vor Gericht war Andrej H. geständig. Klar war am Ende des Prozesses: Sein Part war bei dem Diebstahl der riskanteste. Die Drahtzieher bleiben oft unbehelligt - so war es auch diesmal. Umgerechnet bis zu 1.400 Euro sollte H. nach eigenen Angaben für die Überführung des Audi kriegen.

Der gehört einem Heerener Rentner. Er erinnert sich gut an den Morgen des 8. August: Die Polizei habe ihn beim Frühstück überrascht und gefragt, wo denn sein Wagen sei? Da hatte er den Diebstahl noch gar nicht bemerkt - die sächsischen Kollegen der Unnaer Kreispolizei hatten aber sehr wohl schon Andrej H. festgesetzt.