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Junger "Haustyrann" vor Gericht: Ermahnung - dann Einstellung

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgerichtKamen AMKamen. Es wäre ziemlich untertrieben, das Verhältnis zwischen dem 20-jährigen Bergkamener Maik T. (Namen geändert) und seinem rund 40 Jahre älteren Nachbarn Siegfried M. als angespannt zu bezeichnen. Kein Wunder, dass sich beide jetzt vor dem Kamener Jugendrichter trafen. Maik T. war angeklagt, Siegfried M. damit gedroht zu haben, ihn "platt zu machen". Obendrein habe er dabei die Geste des Kehledurchschneidens gezeigt.

Aneinander geraten waren die beiden am 3. Januar. Der Grund: In Maik T.s Wohnung war es laut - Siegfried M. war genervt und wollte sich beschweren. Maik T. erinnert sich: M. habe nicht etwa an seine Tür geklopft, sondern gleich dagegen gehämmert. Da sei er selbst dann eben auch etwas ruppiger geworden. Und es sei auch Siegfried M. gewesen, der zuerst Prügel angedroht habe.

M. wiederum erklärte dem Richter, der junge Nachbar "tyrannisiert das ganze Haus". Die Polizei müsse immer wieder antanzen - doch wirklich helfen können habe sie nicht.
Die gute Nachricht: Zum 31. August hat Maik T. seine Wohnung gekündigt - wenigstens mit dem Neu-Rentner Siegfried M. dürfte es also künftig keinen Stress mehr geben. Der Richter beließ es bei einer Ermahnung für Maik T. und stellte das Verfahren ein. T. hatte sich in seiner Aussage ansatzweise reumütig gezeigt: Er sei halt damals sauer und erregt gewesen - richtig verhalten habe er sich nicht.

"Marihuana-Baum" abgeerntet: Zahlung an Suchthilfe

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsger19NKWKamen. Durchaus pflanzlich, was der Kamener Lars H. (Name geändert) am Abend des 7. Februar im kleinen Stadtpark am Unnaer Ring aus einer Baumkrone holte - aber illegal: neun Klettverschluss-Tütchen mit je einem Gramm Marihuana. Wegen Beihilfe zum Drogenhandel wurde er jetzt am Kamener Amtsgericht verurteilt - so gerade eben noch nach dem Jugendstrafrecht. Denn juristisch so richtig volljährig - sprich: 21 Jahre alt - wurde Lars H. erst im März.

An besagtem Februarabend hatte H. nach eigenen Angaben erst zuhause gehockt, als er den Anruf eines Bekannten bekam: Der wollte den Stoff aus dem Baum verkaufen, traute sich aber wohl nicht, die botanische Lagerstätte selbst aufzusuchen, weil er sich beobachtet glaubte. Und tatsächlich hatten Drogenfahnder die Örtlichkeit im Visier - weshalb ja auch prompt Lars H. gefasst wurde.

Der ist alles andere als ein skrupelloser Drogenhändler, sondern selbst süchtig. Und das galt auch schon für seine Eltern - beide leben nicht mehr. Sein Bundeszentralregisterauszug - das Vorstrafenregister - weist einen Verstoß gegen das Waffengesetz sowie einen Fall von Geldwäsche auf. Wild kann das alles nicht gewesen sein - beide Verfahren wurden eingestellt.

Die Strafe für die Sache mit dem Marihuana: 300 Euro - zu zahlen an die Suchthilfe im Kreis Unna.

Vergewaltigt? - Verdacht bleibt ungeklärt

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgericht19KWKamen. Ungewöhnlicher Fall vor dem Jugendrichter: Die inzwischen 22-jährige Chantal D. (Name geändert) glaubt, dass sie vor ein paar Jahren im Schlaf vergewaltigt wurde - ohne davon das Geringste mitbekommen zu haben. Sie erstattete damals Anzeige bei der Polizei gegen den mutmaßlichen Täter. Das brachte ihr nun selbst einen Prozess - und zwar wegen falscher Verdächtigung. Dazu kamen drei Fälle von Schwarzfahren mit der Bahn.

Die angebliche Vergewaltigung geschah in einer Wohnung in Soest, in einer ausgesprochen chaotischen Übernachtungssituation mit rund einem halben Dutzend Leute in einem Zimmer. Dass sich jemand an ihr vergangen haben soll, erfuhr die junge Frau von einem Bekannten, der das beobachtet haben will. Nachgewiesen wurde nie etwas. Sie selbst berichtete jetzt, einen geradezu krankhaft tiefen Schlaf zu haben - um sie herum könne es laut werden, ohne dass sie aufwache. Chantal D.s Vorgeschichte: fetales Alkoholsyndrom - die Mutter hatte in der Schwangerschaft getrunken -, groß geworden in Pflegefamilien, zeitweise obdachlos. Inzwischen hat sie einen Sohn. Auf ihren Wunsch hin ist er bei Pflegeeltern. Sie selbst lebt mit ihrem Verlobten zusammen.

Was die falsche Verdächtigung angeht, stellte der Richter das Verfahren ein. 150 Euro ans Sozialwerk St. Georg muss Chantal D. zahlen, weil sie drei Mal ohne Fahrkarte in der Bahn erwischt wurde. Sie sagt, sie sei unterwegs gewesen, um Sachen bei ihrer leiblichen Mutter unterzustellen. Derzeit wird Chantal D. von einer Mitarbeiterin des Jobcenters gecoacht - mit dem Ziel, der Kamenerin eine berufliche Orientierung zu verschaffen.

Corona-Koller: Vater schlägt Kinder - Geldstrafe

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

von Andreas Milk

amtsgerichtKamen AMKamen. Am Morgen des 28. Juni 2022 war Familienvater Markus K. (32, Name geändert) fertig mit den Nerven: Corona-Isolation in der Bergkamener Mietwohnung war angesagt - und die beiden Kinder, ein dreijähriges Mädchen und ein fünfjähriger Junge, waren in der Situation alles andere als pflegeleicht. Irgendwann hatte Markus K. genug. Er zog beide mit Gewalt an den Armen unter einem Tisch hervor, verpasste ihnen Schläge mit der flachen Hand auf den Kopf oder gegen die Schläfe und schleifte das Geschwisterpaar am Ende noch ein paar Meter über den Boden. Seine Lebensgefährtin - Mutter der beiden - zeigte ihn an.

"Vollumfänglich geständig" sei sein Mandant, erklärte jetzt Markus K.s Verteidiger. K. selbst ist weder vor noch nach dem Ausraster je als Gewalttäter in Erscheinung getreten. Aus freien Stücken begab er sich nach der Tat in eine Therapie. Von Frau und Kindern lebt er mittlerweile getrennt. Es gibt aber Kontakt: Die Kinder hätten dem Papa längst verziehen, sagte ihre Mutter. Beide hätten kurz nach den Schlägen wissen wollen, ob er denn "wieder lieb" sei.

Auch wenn Markus K. Ersttäter war: Auf eine Verfahrenseinstellung wollte sich der Vertreter der Staatsanwaltschaft nicht einlassen - es gehe immerhin um Gewalt gegen sehr kleine Kinder. Auch andere Menschen hätten die Isolation ohne Prügel durchgestanden. Das Urteil: eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 10 Euro. Quarantäne hin oder her: "Sowas darf nicht passieren", fand der Richter.

"Toxische Beziehung": Zwei Jahre - 17 Trennungen

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Über den Ausgang eines Verhandlungstermins im Amtsgericht entscheiden oft Leute, die gar nicht dabei sind. Der Grund: Häufig - oder sogar: in der Regel - wird die Staatsanwaltschaft in Prozessen vorm Strafrichter nicht durch einen "fertigen" Staats- oder Amtsanwalt vertreten, sondern durch einen Referendar. Der darf zwar alles Mögliche beantragen, aber nichts entscheiden. Eine Entscheidung aller Prozessbeteiligten braucht es aber, um ein Verfahren ohne Schuld- oder Freispruch einzustellen. Bahnt sich eine solche Verfahrenseinstellung an, muss der Staatsanwalts-"Azubi" mit seinem Ausbilder telefonieren und sich dessen Okay holen. Ende des Vorworts.

Der Kamener Tobias M. (Name geändert) war wegen Nachstellung, Beleidigung und Bedrohung angeklagt. Die Geschädigte: seine damalige Freundin. In ihrem Namen soll er Instagram-Accounts angelegt und Nacktbilder von ihr verbreitet haben; per SMS habe er ihr mit Mord und Selbstmord gedroht, ihr obendrein mitgeteilt, ihre Vergewaltigung in Auftrag gegeben zu haben - und noch so einiges andere mehr.
Im Gerichtssaal sprach er von einer "sehr toxischen Beziehung": 17 Trennungen in zwei Jahren; ein Zusammenbruch ihretwegen, der in einen LSD-Trip mündete; psychiatrische Behandlung - das sind nur einige von vielen Stichworten aus M.s Aussage. Mitten im Tatzeitraum - er erstreckte sich laut Staatsanwaltschaft von Februar bis September 2021 - machte das Paar gemeinsam Urlaub in Amsterdam. "Nebenbei" wurden M.s Eltern schwer krank, und er erfuhr, dass seine Freundin ihn betrog.

Sie beide hätten sich gegenseitig fertig gemacht - er habe die Frau aber nie öffentlich bloßstellen oder ihr Leben ruinieren wollen, erklärte M. der Richterin. Und zumindest für die falschen Insta-Accounts sei er nicht verantwortlich. Aus den Akten ergab sich, dass es sich kaum um heimliche Aufnahmen gehandelt haben kann: Die Frau posiert.

Fazit: Da waren die beiden Falschen aneinander geraten. Und alle Prozessbeteiligten waren gewillt, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße an eine gemeinnützige Einrichtung einzustellen, statt M. das Führungszeugnis für eine spätere Bewerbung als Streetworker mit einer Vorstrafe zu verhunzen. (Es wäre leider seine zweite.)

Doch die Ausbilderin der Referendarin wollte nicht. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder, Richterin oder Verteidiger erreichen nachträglich doch noch ein Einlenken - oder es gibt einen neuen Termin, zu dem M.s Verflossene als Zeugin anreisen müsste. Das wird ein weiter Weg: Sie wohnt mittlerweile in München.

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