-Anzeige-

Anzeige

Familie im Eimer - Verfahren eingestellt

am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

Foto: Amtsgericht Kamen (C) Andreas Milk für KamenWeb.devon Andreas Milk

Kamen. Wenige Tage vor Weihnachten fiel dieser Satz im Saal des Kamener Amtsgerichts: "Ich bin wie ein Waisenkind, obwohl ich noch Vater und Mutter habe." Der 48-jährige Bergkamener Holger H. (Name geändert) war wegen Betrugs angeklagt. Den Vorwurf wies er zurück: Er sei ausgenutzt worden, unter anderem von Familienmitgliedern, zu denen er heute keinen Kontakt mehr habe.

Konkret ging es um einen Internetanschluss von Unitymedia. Den gab H. laut Anklage im Mai 2014 in Auftrag - und zwar im Namen und für die Adresse seines Vaters. Die Staatsanwaltschaft ging bisher davon aus, dass Holger H. zu der Zeit selbst im Haus seines Vaters wohnte und den Anschluss nutzte. In der Verhandlung erklärte er jetzt aber, das sei gar nicht so gewesen. "Ich bin unschuldig." Möglich sei, dass sein Bruder etwas mit dem Auftrag an Unitymedia zu tun habe. Wörtlich: "Wir sind alle verkriegt."

Was tatsächlich los war mit Holger H., dem Vater und der Restfamilie, wissen weiter nur die Beteiligten selbst. H. betonte, das väterliche Anwesen nur gelegentlich und kurz betreten zu haben, für Gartenpflege und Hundesitting - von einem Internetanschluss auf Vaters Rechnung hätte er also gar nichts gehabt. Das Haus ist mittlerweile verkauft. Der Erlös soll zum Teil in die Pflege von H.s kranker Mutter geflossen sein, zum Teil an den Vater.

Richter Martin Klopsch stellte das Verfahren ein. Denn es wäre zur Klärung der Ereignisse im Frühjahr 2014 ein enormer Ermittlungsaufwand nötig gewesen, etwa das Befragen von Nachbarn oder das Einsehen von Verbrauchsabrechnungen für Holger H.s eigene Wohnung. Das stünde in keinem vernünftigen Verhältnis zum entstandenen Schaden.

Den gab die Anklage mit knapp 800 Euro an: Unitymedia hatte unter anderem Hardware für den Anschluss geliefert. Richter Klopsch sieht bei der Firma eine Mitschuld: Zu dem angeblichen Vertrag mit Holger H.s Vater gebe es bei ihr "nichts Schriftliches", keine Unterschrift oder Ähnliches - nur die Notiz über einen telefonisch erteilten Auftrag.
Die Kosten für das Gerichtsverfahren trägt die Landeskasse.