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Musikkritik: Sinfoniekonzert der Neuen Philharmonie: Farbige Impressionen tschechischer Gefühlswelten

am . Veröffentlicht in Musik

Musik Datei176696959 Urheber abstract fotoliaDatei: #176696959 | Urheber: abstract | fotolia.comvon Dr. Götz Loos

Kamen. Beim siebten Sinfoniekonzert der Spielzeit 2018/19 der Neuen Philharmonie Westfalen standen Werke "aus Böhmen und Mähren" auf dem Programm. Unter der Leitung des Gastdirigenten Roman Brogli-Sacher wurden vier sehr verschiedene Werke interpretiert, von vier verschiedenen Komponisten. Roland Vesper bemühte sich im Einführungsvortrag das Phänomen des schönen tschechischen Klangs, der außerordentlichen Bedeutung der auffällig vielen Komponisten verglichen mit der Größe des Landes herauszustellen. Letzteres mag wirklich erstaunlich sein; der insgesamt oft strahlende Klang der meisten dortigen Komponisten ist allerdings nicht einheitlich, wie die gewählten Werke beweisen. Die Ouvertüre zu Smetanas "Libussa" setzte den Anfang. Smetana benutzt hier wie in anderen Werken opulente und festliche Klangfarben mit einem für ihn typischen Rhythmus und einer für ihn typischen Instrumentierung, nicht zu reden von seiner "Erkennungsmelodie" (Hussitenchoral "Die ihr Gottes Streiter seid"). Bestens abgestimmt, legte das Orchester hier sofort eine Meisterleistung vor. Zweitens ertönte Dvořáks Konzert für Violoncello und Orchester h-moll op. 104, als Cellosolist wirkte Julian Steckel. Steckels Profession zeigte sich in seiner Ausdrucksfähigkeit, das Wechselbad der Gefühle in diesem Werk bestens herauszuarbeiten, wenn auch manchmal etwas sehr expliziert. Aber als Meister seines Fachs bewies er eine intime Kenntnis auch der kleinsten Figurationen. Steckel wurde freilich zur Zugabe gerufen und konnte nun völlig solo zeigen, dass er dem avantgardistisch-verspielten Marsch aus Prokofjews "Musik für Kinder" op. 65 durch starke Betonungen etwas Eindrückliches verleihen kann.

Nach der Pause dann Dvořáks Schwiegersohn Josef Suk, also sein bekanntes "Scherzo fantastique" op. 25, eines meiner Lieblingsstücke. Festliche Abschnitte wechseln mit Clownesken und einer herzzerreißenden Walzermelodie. Hier ließ wiederum die Interpretation keine Wünsche offen. Schließlich Janáčeks Sinfonietta, die wieder anders war, mit teils sehr frei variierenden, fast jazzartigen Sequenzen, aber oft slawisch feierlich, dabei neben Strahlendem unmittelbar folgenden melancholisch angetönten Partien - irgendwie besonders berührend. Aufgeführt wurde eine Bearbeitung für reduziertes Orchester, insbesondere war das ursprüngliche Dutzend an Trompeten auf vier reduziert. Die Bühne war trotzdem voll und die Interpretation büßte nichts ein. Schöne Klangfarben beendeten so auch diese sagenhaft gelungene Interpretation.