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Konzertrezension: Carmina Burana - wie sie sein müssen!

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Musik

von Dr. Götz Loos
 
Musik Datei176696959 Urheber abstract fotoliaID: 176696959 Urheber: abstract FotoliaKamen. Das dritte Konzert in der Sinfonischen Reihe der Neuen Philharmonie Westfalen ist in Kamen stets außerhalb der Reihe am Sonntag, am Volkstrauertag. Eingebunden ist bei diesem Konzert immer der Oratorienchor der Stadt Kamen. Und doch war diesmal etwas anders.
Es war das Abschiedskonzert des scheidenden Chorleiters Franz Leo Matzerath mit der NPW, allerdings noch nicht das letzte mit dem Oratorienchor bzw. seiner bewährten Chorgemeinschaft mit dem Chor der Konzertgesellschaft Schwerte. Heinrich Behrens, Vorsitzender des Oratorienchors, hielt nach der Konzerteinführung eine kleine Rede mit warmen Worten, dem Anlass entsprechend.
 
Als Werk gewählt waren die (ja, Plural ist korrekt!) "Carmina Burana" von Carl Orff, die Matzerath im Laufe der Jahre schon einige Male mit dem Oratorienchor aufgeführt hatte - und an sich jedes Mal sehr gut gelangen. Dieses kantatenartige Werk gehört, zumindest in weiten Abschnitten, zu meiner Lieblingsmusik, zu Musik, die mich ständig in irgendeiner Weise beschäftigt - und so kenne ich nicht nur viele Dutzend Interpretationen, sondern es von Musik und Text her vollkommen auswendig. Da ist freilich peinlich genauestes Hinhören des Rezensenten vorprogrammiert.
 
Und deshalb schon eingangs: Es war eine Interpretation, die ich nicht anders gestaltet hätte. Sie entsprach in allem dem, wie sie meinen Vorstellungen gleich kommt. Eine - fast - höchste Perfektion und ein absolutes - weiteres - Ruhmesblatt für die Gemeinschaft aus dem Kamener Oratorienchor und dem Schwerter Chor der Konzertgesellschaft; und natürlich für Franz Leo Matzerath als musikalischem Leiter, dem Gestalter. Die NPW zeigte sich gleichermaßen in guter Form.
 
Die mitunter in Aufführungen auftretenden Probleme für die Sopranstimmen in ganz hohen Lagen waren hier an sehr vereinzelten Stellen noch an der Grenze, so dass ich dazu nichts schlechtes sagen möchte. Problematischer erschien ein mehrfaches Entgleiten der Chorstimmen im Reigen "Uf dem Anger". Dagegen stehen aber alle anderen Chorpartien, die einwandfrei und noch besser gelangen und eben so waren, wie ich sie hören möchte. Der Gesamteindruck war deshalb Perfektion in Gestaltung, Genauigkeit, Ausdruck und Einfühlsamkeit. Genau das Letztere ist mir wichtig, weil ich oft genug ein Heruntergeleiere in anderen Interpretationen gehört habe - wie liebloses Abarbeiten einer Pflichtaufgabe. Das war hier definitiv anders, das waren Carmina Burana, wie sie sein müssen! Zumindest für mich.
 
Die Chorgemeinschaft wurde ergänzt durch den Kinderchor "Sound Express", den Schulchor des Ruhrtal-Gymnasiums Schwerte, der von Uwe Schiemann einstudiert wurde. Dass die Kinder hier kraftvoll und ungehemmt - im "Cours d'Amours" - zum Einsatz gingen, hat mir gleichfalls sehr gefallen, denn das ist bei einer Reihe von gehörten Interpretationen nicht so der Fall. 
 
Schließlich die Solistin und die Solisten: Der Bariton hat am meisten in den Carmina Burana zu tun. Und Markus Volpert tat dies mit szenischen Auftritten: Zunächst ganz locker gekleidet, dann mit Sonnenbrille und Freizeitshirt ("In Taberna") sowie als Abt in Kutte und mit Weinflasche, dabei sensationell lallend singend! Erst ganz am Ende sah man ihn im Frack. Die teils schwierig hohe Stimmlage des gebratenen Schwans meisterte Tenor Joaquin Asián problemlos und breitete seine Arme aus wie Flügel. Meike Leluschko sang die Sopranpartie im "Cours d'Amours" im roten Kleid (und entsprach damit "stetit puella rufa tunica"), gleichfalls mit Kraft sowie gleichzeitig Wärme und Anmut. Eine hervorragende Besetzung und damit das Tüpfelchen auf dem i! 
 
Franz Leo Matzerath schaffte sich einen würdigen (ersten) Abschied. Das Publikum belohnte dies mit nicht enden wollendem Applaus und sofortigen Standing Ovations. Bravo! Leider kein da capo...