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Konzertrezension: Starke Chorgemeinschaft bringt beeindruckende Werke zu Gehör

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Musik

chor1123GLvon Dr. Götz Loos
 
Kamen. Beschämend wenig Zuhörende - das war die negative Seite eines ansonsten recht hervorragenden und beeindruckenden Konzertes am Samstagabend in der Pauluskirche. Unter Leitung von Annette Drengk und dem Kantor der Evangelischen Kirchengemeinde, Raphaël Arnault, sang eine verhältnismäßig - und erfreulich - große Chorgemeinschaft aus der Evangelischen Kantorei Kamen sowie dem Kirchenchor St. Elisabeth Obercastrop (dessen Leiterin Annette Drengk ist). Der instrumentale Part lag bei Mitgliedern der Bochumer Symphoniker. Gesangssolisten waren Jeanne Jansen (Sopran) und Zachary Wilson (Bariton).
 
Neben Gabriel Faurés Requiem, gleichsam als Hauptwerk des Abends, standen drei weitere, zumindest vor Ort nicht zu häufig zu hörende Werke auf dem Programm: Haydns "Missa brevis Sanctus Joannis de Deo", Mendelssohns "Salve Regina" sowie Brahms' "Vier Gesänge für Frauenchor". Das Programm war somit bereits für sich sehr interessant. 
 
Haydns kleine Messe ist kompositorisch bemerkenswert, insbesondere durch das polytextiert angelegte Gloria, das durch die Gleichzeitigkeit von vier Textabschnitten etwas wisperhaft überlagert klingt und sehr individuell ausgestaltet ist. Dramatisch und dynamisch konstrastierend ist das Agnus Dei aufgebaut, das ebenfalls sehr eigenständig ist. Dazu kommt ein verziertes und Recht verspieltes Orgelsolo im Benedictus. All diese Aspekte verwirklichten die Chöre, Sopranistin Jeanne Jansen (mit zartem Schmelz), Raphaël Arnault am Orgelpositiv und die Instrumentalisten mit höchstem Glanz. Die Chorgemeinschaft wirkte regelrecht brillant, strahlend, völlig text- und melodiesicher. Das Dirigat von Annette Drengk war trotz gewisser Zurückhaltung exakt und klar.
 
Von Felix Mendelssohn Bartholdy dann sein Frühwerk "Salve Regina", in klassischem Stil (noch ohne seine romantische spätere Klangsprache) und in Lied-Anlage. Auch hier ein Lob der Chorgemeinschaft, die gute Akzente setzte, namentlich bei leicht dramatischen Entwicklungen. Auf romantischen Gedichten aufgebaut sind die "Vier Gesänge für Frauenchor" von Johannes Brahms. Hier sind außer im Wort auch in Instrumentation und Melodienentwicklung absolut romantische Maßstäbe angesetzt. Und auch hier gelang den Musizierenden eine sehr gelungene Interpretation des ersten Gesangs "Es tönt ein voller Harfenklang".
 
Die Chorgemeinschaft erwies sich generell, auch im folgenden Requiem Faurés, als stimmstark, transparent, wohlklingend (nur bisweilen gerieten die Soprane an ihre stimmliche Grenze nach oben) - eine fantastische Kombination von Kantorei und dem Castroper Chor! Das wäre in jedem Fall Wiederholungen in der Zusammenarbeit wert. Leider war der anwesende Teil der Bochumer Symphoniker nicht gerade in Hochform - des öfteren traten schräge Töne und Asynchronizitäten hervor. 
Umso beeindruckender war die Leistung sämtlicher anderer Beteiligter. Stimmlich überzeugten Jeanne Jansen und ebenso Zachary Wilson mit engagiertem, angemessenem Vortrag.
 
An das Dirigentenpult war Raphaël Arnault gewechselt, Annette Drengk an die Orgel - beim letzten und "Haupt"-Werk, dem Requiem von Gabriel Fauré. Diese ziemlich kurze, im Allgemeinen friedliche und sanfte Totenmessen-Musik kann freilich mal etwas markiger, mal etwas reduzierter interpretiert werden, was sich vor allem am Agnus Dei messen lässt. Arnault wählte hier etwas Reduktion und Ruhe - nichts gegen zu sagen - und sehr abgerundet in der Interpretation. Die Chorgemeinschaft traf auch hier (im wahrsten Wortsinne) den Ton, mit schönem, vollen Klang rundum.
 
Kurzum: Ein hörenswertes, von den Werken hier spannendes Konzert. Und für all diejenigen, die fehlten, sei gesagt: Da wurde etwas verpasst!