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Kamener Stadtpflanzen - Folge 33: Die Knoblauchsrauke

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Natur & Umwelt

sp33 1GLDiverse fruchtende Knoblauchsrauken nahe Nordstraße. Fotos: Dr. Götz Loos für KamenWeb.devon Dr. Götz Loos
 
Kamen. Die Hypertrophierung der Landschaft, also die Überdüngung bzw. übermäßige Anreicherung von Stickstoff, namentlich Nitrat, ist der entscheidende Faktor des Rückgangs der Artenvielfalt bei uns. Und trotzdem gibt es Pflanzenarten, die davon augenscheinlich profitieren. Eine solche Art, ein Stickstoffzeiger, ist die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata). 
 
sp33 2GLBlüten der KnoblauchsraukeSie war schon immer sehr verbreitet in unserem Raum wie drumherum, hat aber in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen, in den Siedlungsgebieten genauso wie in der freien Landschaft. 
 
Als Kreuzblütler besitzt die bis 1 m hoch wachsende Knoblauchsrauke je Blüte vier schneeweiße Kronblätter, die ein Andreaskreuz bilden, mitunter auch ein Kreuz mit fast gleichmäßigen Abständen der Kronblätter. Sehr auffällig sind die herz-eiförmigen bis nierenförmigen Blätter (letzteres eher bei den Grundblättern) mit einer breiten buchtigen Kerbung am Rand. Die Früchte sind lange Schoten, die bis über 7 cm lang werden können. Wenn die Blüten- und Fruchtstände im Sommer bis in den Winter hinein längst abgetrocknet sind, kann man noch die "Skelette" der Sprosse überall stehen sehen, oftmals ist auch die Scheidewand der Früchte zu erkennen, die diese klar als Schoten ausweisen. Das besondere Merkmal dieser Pflanze ist aber der knoblauchartige Geruch und relativ scharfe Geschmack der Blätter. Wie die meisten Kreuzblütengewächse enthält die Knoblauchsrauke Senföl-Abkömmlingsstoffe (Glukoside), bei dieser Art eben geruchlich und geschmacklich in Richtung Knoblauch.
 
Tatsächlich gilt die Knoblauchsrauke als ältestes Gewürz in Europa, wie mittelsteinzeitliche Funde in Schleswig-Holstein und Dänemark belegen. Für Westfalen gibt es allerdings keine Hinweise auf eine verbreitete Nutzung in früheren Zeiten. Die heutige Wildkräuterküche hat diese auch heilwirksame Pflanze (u.a. mit antiseptischer Wirkung) jedoch als sanftere Alternative zu Knob- und Bär-Lauch entdeckt, wobei die Blätter roh, vor allem als Salatbestandteil, zu verzehren sind, da sich das Knoblaucharoma beim Kochen umgehend verflüchtigt. 
 
SP33 4GLJungpflanzeNicht nur der Mensch profitiert von der Nutzung der Pflanze. Die Knoblauchsrauke ist Nahrung vieler Tiere, insbesondere der Nektar. Als Futterpflanze für Raupen ist sie besonders für den Aurorafalter attraktiv, so dass dessen deutliche Zunahme bei uns in den letzten etwa 30 Jahren zumindest teilweise mit der Zunahme des Krautes zu tun hat. Ist allerdings kein Bestäuber in der Nähe, kann sich die Knoblauchsrauke auch selbst befruchten. Ob diese Befruchtungsweise lokale Sippen verursacht, wird von mir seit einiger Zeit näher untersucht.
 
Die Samen werden überwiegend durch Wind ausgebreitet oder fallen einfach herunter, bei Nässe können sie jedoch verschleimen und kleben dann an Tier und Mensch fest, welche für zusätzliche Ausbreitung sorgen. Auch ungeschlechtliche Vermehrung geschieht, durch Wurzelsprosse und unterirdische Ausläufer, so dass sich relativ schnell vor Ort große Bestände bilden können. Hemmstoffe, die die Pflanze aussendet, sorgen dafür, dass Pilze, die mit anderen Pflanzenarten (vor allem Bäumen) in Lebensgemeinschaft auf Gegenseitigkeit (Symbiose) leben, am Wachstum gehindert werden und so Konkurrenz schon vor der Ansiedlung, also regelrecht präventiv ausgeschaltet wird. Diese chemisch-ökologische Wirkung wird Allelopathie genannt. 
 
Vermutlich kam die Knoblauchsrauke schon zu Urzeiten bei uns vor, sie war Bewohnerin von Auenwäldern. Heute wächst sie an leicht bis stärker beschatteten stickstoffreichen Standorten jeder erdenklichen Art. Selbst an mäßig oder zeitweilig sehr trockenen Stellen wie auf und an Mauern, an Wandfüßen und in Pflasterfugen kann man sie im Siedlungsbereich Kamen-Mitte finden. Auch in Gärten tritt sie immer regelmäßiger auf, nicht mehr nur in Hecken. Hauptsächlich beobachtet man die Art allerdings an Gehölzsäumen jeden Typs sowie an mindestens leicht beschatteten Straßen- und Wegsäumen, manchmal in ungeheurer Menge.

Serie: Kamener Stadtpflanzen

SP33 3GLGrundblätter