Kamener Stadtpflanzen - Folge 41: Zwei Lebermoose
von Dr. Götz Loos
Kamen. Gern vergisst man, dass das Pflanzenreich nicht nur Farn- und Blütenpflanzen umfasst (der Volksmund geht da in einer höheren Gliederung noch weiter, dafür aber nicht unbedingt wissenschaftlich). Außer der Farnverwandtschaft existieren noch weitere Pflanzengruppen, die Sporen und keine Samen entwickeln - weshalb die Blütenpflanzen auch besser Samenpflanzen heißen sollten. Moose sind nun auch Pflanzen, eben Sporenpflanzen - genau wie Algen, die wiederum die Stammorganismen der Moose stellen. Einmal abgesehen davon, dass Viele Moose nicht mögen (zumindest im Rasen), ist der Überbegriff der Moose systematisch eigentlich nicht haltbar, sondern es müssen drei höhere, gleichwertige Gruppen unterschieden werden, die sich auch in aller Regel deutlich unterscheiden: Laub-, Leber- und Hornmoose. In diesem Beitrag geht es um zwei Lebermoos-Arten im städtischen Siedlungsraum von Kamen-Mitte. Lebermoose können beblättert sein, wobei diese in drei oder zwei Zeilen stehen und keine Rippen besitzen, häufig weisen sie aber einen komplett ungegliederten Körper auf, der als Thallus oder Lager bezeichnet wird. Entfernt ähnlich im Aussehen sind diesen Lebermoosen einige Gruppen an Pilzen, die aber keine Pflanzen sind, sondern als "Fremdernährer" uns und den anderen Tieren zumindest darin näher stehen. Lebermoose hingegen haben Blattgrün und bilden sich ihre Nahrung (Traubenzucker) selbst über die Fotosynthese-Reaktion - wie alle grünen Pflanzen.
Das Mondbechermoos (Lunularia cruciata) ist ein typisches lagerbildendes Moos, das oft breite, verschieden gestaltete, eher heller grüne Lappen entwickelt, die am Rand entweder glatt oder gelappt sein können. Mit seinem niederliegend-kriechenden, dem Boden anhaftenden Wuchs kann es ganze große Flächen vornehmlich am Boden überziehen. Charakteristisch sind die auf den Lagerlappen gelegenen halbmondförmigen Brutbecher (daher der Name dieses Lebermooses), in denen sich rundliche bis eiförmige Brutkörper befinden. Diese Brutkörper sind für eine ungeschlechtliche Fortpflanzung und Vermehrung verantwortlich - die einzige Art und Weise, wie sich das Mondbechermoos bei uns fortzupflanzen vermag. Dies deutet darauf hin, dass diese Moosart bei uns nicht heimisch ist. Sie gilt als eingeschleppt aus dem Mittelmeergebiet, wohl in Pflanztöpfen, jedoch gibt es gewisse Zweifel, dass dieser Weg der einzige war. In Kamen-Mitte hat es seit Anfang der 1980er Jahre bedeutend zugenommen. Da es als wärmeliebend gilt, haben die zunehmend wärmeren Jahre wohl bei der Ausbreitung geholfen. Es wächst an vielen, mehr offenen Standorten, so auf Gehsteigen, Gartenwegen, Brachflächen, in Beeten, an Mauern (vor allem an deren Füßen), in Gräben, sogar auf Bahngelände und immer noch in Blumentöpfen und Gewächshäusern, wo es vielleicht zunächst (sicherlich mehrmals) eingeschleppt wurde. Wann es nach Kamen gekommen ist, bleibt unbekannt. Im Siedlungsraum Mitte kann es als ziemlich verbreitet angesehen werden - es darf nur nicht mit dem hier ebenfalls recht verbreiteten, meist dunklergrünen Gewöhnlichen Brunnenlebermoos (Marchantia ruderalis) verwechselt werden.
Erst seit wenigen Jahrzehnten können wir wieder reichlicher Moosbewuchs an Bäumen feststellen. Der "Saure Regen", verursacht durch Schwefeldioxid in der Luft aus Abgasen von Industrie, Autos und Haushalten (Kohleöfen) hatte jahrzehntelang den Bewuchs an Bäumen erheblich eingeschränkt. Doch mit der erheblichsten Reduzierung dieses Gases haben sich Moose (und Flechten) als Baumbewohner (Epiphyten) wieder ausbreiten können. Eine dieser vermutlich zurückgekommenen Arten ist das Gefurchte Igelhaubenmoos (Metzgeria furcata). Seine Lagerlappen sind länglich und ziemlich schmal, verzweigen sich deutlich und weisen eine scheinbar etwas tiefliegende Mittelrippe (daher "gefurcht") auf. Die meist etwas zwischen aufgehellt und trüb liegende olivgrüne Farbe ist ebenfalls ganz typisch für diese Art. Auch bei diesem Lebermoos gibt es zumindest im Kamener Raum offenbar nur ungeschlechtliche Vermehrung.
Als Baumbewohner findet man es - verglichen mit anderen epiphytischen Moosen vergleichsweise selten hier. Da es etwas anspruchsvoll hinsichtlich Luftfeuchtigkeit ist, sucht man es am besten an den Siedlungsrändern. Es existiert aber auch ein Bestand in einem schattigen Garten der Innenstadt.