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Kamener Stadtpflanzen - Folge 63: Eher nicht geliebt: Das Kleine Liebesgras

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Natur & Umwelt

SP63 2 GLMassenbestand des Kleinen Liebesgrases in schotterig-kiesigem Beet an der Königsberger Straße

von Dr. Götz Loos

SP63 1 GLRispe (Blütenstand) des Kleinen Liebesgrases (Eragrostis minor) mit ÄhrchenKamen. Unter der Menge an Süßgräsern, die sich seit etwa 20 Jahren bei uns ausgebreitet haben, ragt eines vom Ansiedlungszeitraum her heraus, namentlich das Kleine Liebesgras (Eragrostis minor). Ein schöner Name für eine Art, die von den meisten Zeitgenossen und -innen völlig unbeachtet bleibt; eher ärgern sich manche "Ordnungsfanatiker" über diesen neuen Besiedler von Pflasterfugen - anstatt froh zu sein, dass es den staubigen Rohboden in den Ritzen mit festhält.

Aber ganz neu ist dieses am Mittelmeer heimische Gras in Kamen nicht. Der früher in Kamen tätige Botaniker (und Rektor) Wilhelm Bierbrodt (1974 hoch betagt verstorben) fand es schon vor vielen Jahrzehnten auf dem Kamener Bahnhof. Hier hat es sich über all die Jahre gehalten. Lange Zeit war dieses Vorkommen das einzige in Kamen-Mitte wie in Kamen generell, am Bahnhof Methler siedelte es sich zwischenzeitlich an.

Doch wie bei vielen anderen Erwärmungszeigern erfolgte ab den 2000er Jahren eine enorme Ausbreitung, quasi im "Windschatten" des verwandten Japanischen Liebesgrases (dazu kommt noch ein eigenes Porträt). Wahrscheinlich hat das Bahnhofsvorkommen dazu nur in seiner engeren Umgebung beigetragen, die Mehrzahl der neuen Vorkommen dürfte von außerhalb eingewandert oder z.T. eingeschleppt worden sein. Jetzt ist die Pflanze im Siedlungsraum Kamen-Mitte weit verbreitet und örtlich in großen Beständen vorhanden. Vornehmlich ist das Kleine Liebesgras in Pflasterfugen jeder Art zu sehen, selbst in Gossen, aber auch Flächen aus Kies, Schotter, Grus und Split werden öfters besiedelt.

SP63 3 GLKleines Liebesgras in Wandfußfuge am Parkhaus am BahnhofDas Kleine Liebesgras kann man von anderen Gräsern in Pflasterritzen durch die breiteren, abgeflachten, länglichen Ährchen in den rispigen Blütenständen leicht unterscheiden. In der Sonne sind sie zudem oft dunkel blauviolett angelaufen oder in dieser Weise ganz gefärbt, normal sind sie silbrig bis strohig in der Farbe. Damit kombiniert ist ein Saum länger Haare, wo die Spreiten der Stängelblätter in den Stängel, den Halm, übergehen - oder richtiger: die Blattspreiten in die Blattscheiden (die die Halme einhüllen) überleiten.

Meist sind die Pflanzen sehr niedrig bis hin dem Boden eng angedrückt, weil sie betreten und befahren werden. Sie ertragen diese Belastungen sehr gut, die Art ist eine Trittpflanze. Werden sie nicht betreten, können Individuen manchmal fast aufrecht wachsen. Und bei entsprechender "Bepinkelung" (egal, ob Hund oder Mensch) können sie mitunter erstaunlich kräftig, fast kniehoch, werden.

Der Begriff: Ährchen
Ährchen sind Teilblütenstände innerhalb der Blütenstände der Süßgräser (Familie Poaceae) und der Sauergräser (Familie Cyperaceae). Ährchen sind, von außen betrachtet, aus bestimmten Blättern aufgebaut, den Deckblättern, die hier in der besonderen Erscheinungsform der Spelzen auftreten. Spelzen sind meist ausgesprochen trocken und wirken so etwas strohig (zunehmend mehr, wenn die Blütezeit endet). Bei den Süßgräsern findet sich meist ein Aufbau aus drei Spelzen-Typen, den Hüll-, Deck- und Vorspelzen. Schwellkörperchen sorgen dafür, dass die Spelzen auseinander gespreizt werden, so dass die Blütenorgane, die Geschlechtsorgane - männlich: Staubblätter, weiblich: Narbe) heraus gelangen und nach außen hängen können.