Kamener Stadtpflanzen - Folge 65: Kartoffeln von der Sonnenblume: Der Topinambur
von Dr. Götz Loos
Kamen. Exotisch klingt der Name: Topinambur - abgeleitet von einem Volksstamm aus der Tupi-Gruppe in Brasilien, der allerdings kaum etwas mit der Pflanze zu tun hat. Aber im Prinzip handelt es sich hier um eine Art aus der Gattung Sonnenblume, wie man dem wissenschaftlichen Namen Helianthus tuberosus sofort entnehmen kann. Auch als Zierpflanze wird die nord- bis mittelamerikanische Pflanze - Ursprung wohl Mexiko - bei uns gelegentlich verwendet. Doch der Hauptzweck ist der Anbau als Nutzpflanze. Weil der Topinambur sich stark ungeschlechtlich vermehrt (wohl einzig so bei uns) und wuchert, ist er zumindest als Ziergewächs kaum noch beliebt und rückläufig.
Als die Gärten noch vorherrschend Nutzgärten waren (vor dem Siegeszug der Supermärkte), wurde Topinambur zerstreut gepflanzt, in den Gärten Zuwandernder erfreut sie sich bis heute einer gewissen Beliebtheit, kann jedoch nicht als häufiges Nutzgewächs bezeichnet werden. Außerhalb der Siedlungen wurde die Pflanze eine Zeitlang recht oft verwendet als Äsungspflanze für Wild, von Jägern und Landwirten in Ackerkulturen gepflanzt.
Im Siedlungsgebiet Kamen-Mitte ist sie recht selten spontan, meist sind es unmittelbare Ausbrecher aus Pflanzungen, die sich immer vegetativ vermehrt haben und weiter so vermehren. Vor Ort können so größere Bestände entstehen. Anders als an manchen Flüssen und Bächen ist der Topinambur hier keine generell invasive Art, höchstens lokal vor Ort.
Was so stark wuchern kann, sind Sprossknollen im Wurzelbereich. Sie wurden und werden überwiegend als Süßkartoffeln verwendet, wobei zu beachten ist, dass sich hinter dem Begriff mehrere Arten aus verschiedenen Familien verbergen. Der hohe Gehalt an Inulin macht die Pflanze für Menschen mit Diabeteserkrankungen interessant, denn im Gegensatz zur Stärke aus "richtigen" Kartoffeln beeinflusst Inulin den Blutzuckerspiegel nicht. Außerdem fungiert es als Geschmacksverbesserer, Fettersatz und Ballaststoff.
Ansonsten sieht die Pflanze den bekannten Sonnenblumen recht ähnlich, wobei die Blütenköpfe einen kleineren zentralen bräunlichen Teil (der Bereich der Röhrenblüten) aufweisen, die Köpfe generell kleiner sind, die Stängel verhältnismäßig dünner. Für die reine Art als typisch anzusehen sind die mittleren bis unteren großen Stängelblätter mit breitem, teils ausgeprägt herzförmigem Spreitengrund.
Der Begriff: Sprossknolle
Viele Pflanzen besitzen unterirdische Ausläufer. Diese zählen zu den Erdsprossen oder fachlich richtig: den Rhizomen. Es handelt sich um umgewandelte Sprossachsen (Stängel), die unter der Erde wachsen und dort mehr oder weniger parallel zur Erdoberfläche. Ähnlich sind Stolonen, die aus Seitensprossen entstehen. Beide können teilweise oder auch fast ganz fleischig verdickt sein, so der Topinambur (weniger deutlich abgegrenzte Knollen) wie auch die Kartoffel (sehr deutlich abgegrenzte Knollen). Neben dieser Art der Sprossknollen kann auch der eigentliche oberirdische Stängel abschnittsweise unten verdickt sein, so beim Kohlrabi. Sprossknollen dienen den Pflanzen als Speicher für verschiedene Stoffe. Gleichzeitig werden sie für die ungeschlechtliche, vegetative Fortpflanzung und Vermehrung eingesetzt.