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Kamener Stadtpflanzen - Folge 77: Wuchernder Glücksbringer im Zwergenformat: Der Bubikopf

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Natur & Umwelt

von Dr. Götz Loos

sp77 GL"Glückstöpfe" mit Bubikopf (Soleirolia soleirolii) zu Silvester in SupermarktKamen. Winzige Blätter an Sprossen, die dichte Matten und Teppiche formen können, zunächst einmal im Blumentopf. So präsentiert sich der Bubikopf (Soleirolia soleirolii). Man mag kaum glauben, hier ein Brennnesselgewächs vor sich zu haben, jedoch sind die Blätter schon recht ähnlich denjenigen bestimmter anderer Vertreter in der Familie, wenn auch nicht sonderlich der Brennnesseln selbst. Der Blütenbau verrät dann die Zugehörigkeit klar, auch wenn die Blüten des Bubikopf sehr unscheinbar sind.

Als Zimmerpflanze ist der Bubikopf seit längerer Zeit durchaus beliebt. Besonders jedoch in den Tagen vor Neujahr findet man Bubikopf-Töpfe nicht nur in Gartenfachmärkten angeboten, sondern ebenso in Supermärkten, generell im Einzelhandel - als "Glücksbringer", dekoriert mit Glückssymbolen (Schornsteinfeger, Schweinchen, Schleifen, (künstlichen) vierblättchentragenden Kleeblättern etc.). Immer mehr firmiert er unter dem Namen "Heimglück". Die Ähnlichkeit mit der Bubikopf-Frisur ist allerdings nur oberflächlich, wenn er kugelig im Topf wächst, dafür ist er in der Gestalt zu "wuschelig".

sp77 GL2Sprosse des Bubikopf mit den charakteristischen Blättern Die Blätter schwanken in der Länge der Spreiten zwischen 3 und 9 mm - also wirklich winzig, länglich bis rundlich sind sie ausgebildet, auch fast herzförmig, wobei ihr unterer Rand am Ansatz zum Stiel meist asymmetrisch ist. Die gleichfalls winzigen Blüten nimmt man, wie gesagt, kaum wahr. Dennoch fruchtet die Pflanze auch und kann sich vielleicht so teilweise ausbreiten.

Ob sie im Freiland derart Bestände zu entwickeln vermag, bleibt festzustellen. Was auf jeden Fall passiert, ist ungeschlechtliche Vermehrung. Die kriechend wachsenden Triebe wurzeln auf mehr oder weniger offenem Boden an. Dies dürfte die hauptsächliche Weise sein, wie die Art in Scherrasen gelangt ist - mit von Balkonen geworfenen oder gefallenen Töpfchen. Zumindest habe ich es an zwei Stellen in dieser Form gesehen.

Schon seit Jahren beobachtet man im Ruhrgebiet an inzwischen doch einigen Stellen Populationen dieser aus Sardinien und Korsika stammenden Pflanze vornehmlich in sonst lückigeren Scherrasen in Siedlungen bzw. macht sie die Lücken als niedriger, manchmal massiv wuchernder Bodendecker zu. In Kamen habe ich jahrelang danach gesucht und wurde schließlich am Durchgang Koepeplatz/Mühlentorweg in einem Rasen fündig. Seitdem habe ich etwa ein halbes Dutzend Fundorte im Siedlungsgebiet Mitte zusammengetragen. Stets handelt es sich um Scherrasen oder deren Randbereiche, lediglich an einer Stelle bevölkert sie Gehsteigfugen, teilweise auch nahe an Hauswänden (Reckhof / Weststraße).

Der Begriff: Bodendecker
Eigentlich ist die Bezeichnung selbst erklärend: Pflanzen, die mit dichten Beständen, in der Regel Sprossen (die sich verzweigen), den Boden praktisch lückenlos bedecken, sind Bodendecker. Was darunter fällt, reicht jedoch von kurzlebigen Kräutern (z.B. Ehrenpreisen) bis zu niedrigen Sträuchern (u.a. Zwergmispeln). Die Mehrheit der Bodendecker sind allerdings als Zierpflanzen kultivierte Stauden, bei denen die Sprosse und z.T. die Blätter den Winter überstehen. Ein typischer Fall ist die Silberblättrige Goldnessel. Leider wuchern manche Bodendecker derart, dass sie irgendwann aus dem Garten geworfen werden - und das oft illegal einfach an den nächsten Wald- oder Gebüschrand. Die Folgen können dann problematisch sein: Eine invasive Ausbreitung kann stattfinden und die betreffende Art verdrängt mit ununterbrochenen, stetig weiter sich ausbreitenden Teppichen heimische Arten.

Großer, dichter, sich weiter ausbreitender Bubikopf-Bestand hinter dem Nordring an RasenrandGroßer, dichter, sich weiter ausbreitender Bubikopf-Bestand hinter dem Nordring an Rasenrand