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Kamener Stadtpflanzen - Folge 78: Rübe mit gelben Dolden: Der Wiesen-Pastinak

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Natur & Umwelt

von Dr. Götz Loos

Wiesen-Pastinak (Pastinaca pratensis) an Rand von Rasenwiese am Ostring Wiesen-Pastinak (Pastinaca pratensis) an Rand von Rasenwiese am Ostring Kamen. An Straßensäumen im Kamener Osten kann man den Wiesen-Pastinak (Pastinaca pratensis) durchaus regelmäßig antreffen, im Westen des Stadtgebietes ist er deutlich seltener. Die Nahtstelle zwischen diesen Verbreitungsräumen ist das Siedlungsgebiet Mitte - und wie sieht es dort aus? Diese Fragestellung wie allgemein die regionale Kamener Verbreitungsgrenze  und Ausbreitungstendenzen der Art verfolge ich seit circa 40 Jahren und habe dazu zwei Fachaufsätze veröffentlicht.
 
Zunächst einmal, historisch betrachtet, ist diese Art ein Einwanderer - und zwar mit der Eisenbahn. Schon zum Ende des 19. Jahrhunderts war ein Vorkommen an der Bahn östlich von Kamen-Mitte bekannt, das auch in Wilhelm Bierbrodts Aufzeichnungen auftaucht. Vermutlich war dies ein Ansatzpunkt für die weitere Ausbreitung ostwärts, während nach Westen, zum Stadtzentrum hin, offenbar keine Ausbreitung über einen längeren Zeitraum stattfand. Inzwischen sind nach und nach einige Vorkommen erschienen, vor allem an den Ringstraßen (durch Autoverkehr verschleppt?). Oft werden sie allerdings zeitig abgemäht, so dass sie kaum zur Blüte kommen.
 
Pastinak ist allerdings auch nichtblühend an den unpaarig gefiederten Grundblättern mit teilweise etwas asymmetrisch lappig gesägten Blättchen zu erkennen. Die Kronblätter in der Blüte sind gelb bis etwas grünlich, ansonsten ist die typische Doppeldolde wie bei den meisten Doldenblütengewächsen entwickelt. Pastinake haben eine als Rübe ausgebildete Hauptwurzel. Diese ist beim Wiesen-Pastinak fest und holzig, während der sehr ähnliche, aber früher aufblühende, in Kamen nur selten gepflanzte Garten-Pastinak (Pastinaca sativa im engeren Sinne) eine fleischerige, größere Rübe aufweist - die als Gemüse verwendet wird. Zerrieben erzeugen verschiedene Pflanzenteile der Pastinake einen möhrenartigen Geruch.
 
Obacht jedoch bei sonnigem Wetter, wenn man Pastinak-Teile zerreiben oder pflücken möchte: Ähnlich wie bei der Herkulesstaude - nur weitaus weniger bekannt - verursachen Furanocumarine, die Pastinake enthalten, in Kombination mit UV-Strahlung unter Umständen Hautverbrennungen.
 
Der Begriff: Wilhelm Bierbrodt
Bierbrodt war ein Botaniker, genauer gesagt: ein Florist (die Flora erforschend; nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen gärtnerischen Berufsbild!), der 1883 in einem Dorf bei Soest geboren wurde. Seine Tätigkeit war ehrenamtlich, hauptberuflich arbeitete er als Lehrer, lange Zeit als Mittelschulrektor. Außerdem war er über 30 Jahre lang Naturschutzbeauftragter des Kreises Unna. Nach einer Seminarausbildung kam er nach Hamm als Lehrer und übernahm 1914 die Leitung der Höheren Mädchenschule in Kamen, bis zu deren Auflösung 1934. Er zog danach wieder nach Hamm, wegen der Kriegszerstörungen gelangte er gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nach Südkamen, ehe er in den 1950er Jahren nach Unna umzog und danach wiederum nach Hamm, wo er 1974 hoch betagt verstarb. Er hinterließ ein großes Herbarium und vor allem Tagebücher über Jahrzehnte mit ungezählten Fundangaben. Über meine Mentorenlinie ist Bierbrodt für mich gewissermaßen ein "botanischer Urgroßvater".
Grundblätter des Wiesen-Pastinak  Grundblätter des Wiesen-Pastinak