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Kulturausschuss: Weder Rückkehr zum alten Stadtfest, noch richtige Party - stattdessen Fest mit ukrainischen Flüchtlingen

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Kommunalpolitik

von Alex Grün

weissestraße280717 3Im Juni 2017 gab es ein kurzzeitiges Revival der Künstlergasse in der Weißen Straße. Viele Kamener wünschen sich das alte Stadtfest zurück. Ob das funktionieren würde, sieht Wirtschaftsförderin Ingelore Peppmeier mehr als skeptisch. Foto: Archiv KamenWeb.deKamen. Am 12. August soll es in Kamen endlich wieder ein Altstadtfest geben. Allerdings wird der Schwerpunkt in diesem Jahr voraussichtlich eher auf "Fest", statt wie in den letzten Jahren vor Corona, auf "Party" liegen. Eine entsprechende Ankündigung wurde von der Bündnis90/Grüne-Fraktion im Rat der Stadt Kamen zum Anlass genommen, im Kulturausschuss eine Rückkehr zum alten, dreitägigen Stadtfest mit Künstlergasse in der Weißen Straße anzuregen - mit mäßigem Erfolg, was die meisten Ausschussmitglieder sehr bedauerten.

Gefordert wurde von den Grünen konkret ein Sachstandsbericht über das Konzept zur Durchführung des Altstadtfestes - allerdings mehr oder weniger aufgrund eines Missverständnisses. Denn als Beigeordnete und Wirtschaftsförderin Ingelore Peppmeier Ende April gegenüber der Presse über "eine andere Form" der Altstadtparty sprach, habe sie damit nicht etwa gemeint, zum Konzept von vor rund 15 Jahren zurückzukehren - so schön das auch wäre, so Peppmeier. Gemeint gewesen sei vielmehr, dass aufgrund der zahlreichen aktuellen Missstände und Unwägbarkeiten ein weniger publicityträchtiges Fest veranstaltet werden sollte. "Wir haben angesichts des Krieges in der Ukraine lange überlegt, ob ein Stadtfest derzeit überhaupt angebracht ist", sagt sie. Dann habe sich die Verwaltung in Absprache mit dem Hauptsponsor Radio NRW dazu durchgerungen, es trotzdem stattfinden zu lassen - beziehungsweise sogar jetzt erst recht. Denn geplant ist diesmal keine ausgelassene Altstadtsause mit Promi-Aufgebot, sondern ein etwas gedämpfteres Fest mit entspannter Live-Beschallung - und vor allem mit der Teilnahme von ukrainischen Flüchtlingen. Die nach Kamen geflohenen Menschen aus der Ukraine sollen nämlich explizit zum Feiern eingeladen, die Kamener bei der Gelegenheit zum Spenden aufgerufen werden - also eher Benefizfest, als Party.

Der Lust auf eine solche hat den Veranstaltern von Stadt und Radio NRW aber nicht nur der Ukraine-Krieg einen Dämpfer verpasst. Auch die im Zuge der Corona-Krise drastisch gestiegenen Preise in der Veranstaltungsbranche seien ein Grund, von einem Großevent in Form der letzten Jahre abzuweichen. Hinzu komme, dass nicht absehbar sei, wie sich das Corona-Infektionsgeschehen nach der Ferienzeit entwickelt haben wird, so die Beigeordnete. Man habe seitens der Verwaltung zu wenig Planungssicherheit für ein traditionell großes Event mit bis zu 5000 Leuten auf dem alten Markt. Kaum denkbar sei, bei einer solchen Veranstaltung im Notfall Sicherheitsmaßnahmen wie etwa Besucherkontrollen zu treffen, erklärt Peppmeier. Eine spontane Absage sei im Falle eines erneuten schweren Ausbruchs durchaus denkbar, auch deshalb fahren die Veranstalter bei den Kosten eher auf Sicht - und stoßen damit weitgehend auf Verständnis bei den Mitgliedern des Kulturausschusses. Auch Grünen-Ratsfrau Anke Schneider, die den Antrag für ihre Fraktion auf die Tagesordnung setzen ließ, zeigte sich zufrieden. Das sei zwar nicht die Antwort gewesen, die man hätte hören wollen, sagte Schneider. Aber mit einem dem Zeitgeschehen angemessenen Fest zugunsten der Flüchtlinge könne ihre Fraktion gut leben. Das eigentliche Anliegen der Bündnis-Grünen, das alte Stadtfest mit Künstlergasse in der Weißen Straße wiederzubeleben, war damit vom Tisch. Diese sei für Kamen in weitem Umkreis ein Alleinstellungsmerkmal gewesen, bedauerte Schneider.

Auch andere Ausschussmitglieder erinnerten sich mit Wehmut an die alten Zeiten, waren sich aber im Großen und Ganzen darüber einig, dass diese nicht mehr wiederkommen. Denn einerseits finde man heutzutage keine Künstler mehr, die bereit sind, sich drei Tage lang mit ihren Werken auf die Straße zu setzen, räumte Anke Schneider ein. Andererseits, erklärt Wirtschaftsförderin Ingelore Peppmeier, sei das mittlerweile eher kommerzielle Konzept der Altstadtparty nicht mehr kompatibel mit einer anspruchsvollen Kunstausstellung als Teil des Ganzen. Zielgruppenkonflikte seien dabei praktisch vorbeiprogrammiert. Also, Nostalgie in allen Ehren - aber: "die Zeiten sind nun einmal vorbei, es wird nicht funktionieren", bedauert die Beigeordnete. Außerdem gebe es ja mit der Rathausgalerie, der "Art Kamen" und zahlreichen Ausstellungsangeboten auch außer der Reihe durchaus Alternativen zur Künstlergasse auf dem alten Stadtfest. Es werde überdies ohnehin überlegt, die künftigen Altstadtparties eher ans Ende des Sommers zu verlegen, um der geballten kreisweiten Konkurrenz, etwa durch Hafenfest in Rünthe oder Festa Italiana in Unna, zu entgehen, so Peppmeier. Man könne sich seitens der Veranstalter etwa eine Zusammenlegung von Brunnenfest und Altstadtparty zu einem Musikfest rund um den Brunnen vorstellen, sagt sie. Eine Wiedergeburt des Altstadtfestes, wie man es von früher kannte, dürfte nach der Erneuerung ihres Antrags wohl auch für die Bündnis-Grünen endgültig vom Tisch sein.

Archiv: Antenne Unna Altstadtparty 2020 abgesagt: Ein Rückblick

Wie in alten Zeiten: Künstlerfest mit Picknick und Musik begeistert in der Weißen Straße