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Rat stimmt Verordnung mit Bußgeldkatalog zu - Trinkerszene drohen ab jetzt bis zu 500 Euro Strafe

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Kommunalpolitik

Polizei 923CVDie Trinkerszene am Markt, gegen die sich die Verordnung unter anderem richtet, muss sich künftig auf hohe Geldbußen bei Regelverstößen einstellen. Fotos: Christoph Volkmer für KamenWeb.de

von Alex Grün

rat2 923AGMit fünf Gegenstimmen und ebenso vielen Enthaltungen wurde der Verordnung im Rat zugestimmt.Kamen. Der Rat der Stadt Kamen stimmte gestern über die überarbeitete ordnungsbehördliche Verordnung für das gesamte Stadtgebiet ab - allerdings nicht ohne Gegenstimmen und Enthaltungen. Es ist hauptsächlich das Werkzeug des damit einhergenden Bußgeldkatalogs, das die Gemüter im Rat spaltet.

Zu Beginn der Debatte über die erneuerte "Ordnungsbehördliche Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf Verkehrsflächen und in Anlagen im Gebiet der Stadt Kamen" - so die volle Bezeichnung des Reglements, das seit 2002 erstmals novelliert wurde - gab es seitens der Verwaltung einen Lagebericht zur aktuellen Situation in der City. Durch den Zusammenzug von Kräften des kommunalen Ordnungsdienstes in den Innenstadtbereich seien schon Veränderungen wahrnehmbar - zahlreiche Rückmeldungen bestätigten dies, so Bürgermeisterin Elke Kappen auf der Ratssitzung, die sich auch zahlreiche "Zaungäste" aus dem betroffenen "Zielgebiet" nicht entgehen ließen. Ursache seien die Ordnungsmaßnahmen seit Beginn der Ferien, darunter die viel beachteten gemeinsamen Streifen mit der Kreispolizei. Auch die verstärkte Präsenz der Ordnungsamtsmitarbeiter mache sich positiv bemerkbar, so Kappen. Für die angekündigte "Außenstelle" des Ordnungsamtes, dessen Mitarbeiter vor Ort provisorisch in der Stadtbücherei untergebracht sind, sei die Stadt gerade dabei, einen Mietvertrag aufzusetzen. Der erhöhte Personalaufwand werde den Haushalt auf jeden Fall belasten, die Mitarbeiter müssen speziell geschult werden und stets zu zweit im Einsatz sein, so die Bürgermeisterin. Auch der private Ordnungsdienst sei mittlerweile personalmäßig wieder auf Kurs, nachdem es etliche Beschwerden gab.

Insgesamt seien seit Juni 24 Platzverweise am Markt ausgesprochen worden, es habe acht Partnerschaftsstreifen von Ordnungsamt und Polizei sowie fünf größere Polizeieinsätze in der City gegeben, resümiert Ordnungsdezernentin Hanna Schulze. Ein generelles Alkoholverbot sei rechtlich nicht umsetzbar, allerdings sei es mit den zusätzlichen Absätzen im erneuerten Regelwerk nun einfacher, gegen ein Zusammentreffen mehrerer Personen, von denen Störungen, Verunreinigungen und Beschädigungen im Rausch ausgehen, vorzugehen - auch wenn das eigentlich mit den Mitteln der ursprünglichen Verordnung auch möglich gewesen wäre, so Schulze. Also kein Alkoholverbot, aber künftig wird es in Kamen verboten sein, "sich in ständigen wiederkehrenden ortsfesten Ansammlungen von Personen, von denen reelmäßig Störungen ausgehen, wie z. B. Verunreinigungen, Belästigungen von Passanten bei übermäßigem Alkoholgenuss, zu treffen", wie es wörtlich in der Verordnung heißt. Darüber hinaus verbietet sie, sich in der Öffentlichkeit zum "Genuss alkoholischer Getränke oder anderer Rauschmittel aufzuhalten, wenn hierdurch öffentliche Bänke, Grünanlagen, Spieleinrichtungen und Einrichtungen des Öffentlichen Personennahverkehrs dem Gemeinbrauch und damit ihrer Zweckbestimmung entzogen werden" - wie etwa die Bänke am Brunnen oder das Bushäuschen. Die "Störung durch Personen in ständig wiederkehrenden ortsfesten Ansammlungen", ob mit oder ohne Alkohol- oder Drogenkonsum, wird mit Bußgeldern zwischen 30 und 500 Euro belegt (wir berichteten).

Über eine gute Stunde erging sich der Rat anschließend in einer Debatte über das Für und Wider der Verordnung. SPD- und CDU-Fraktion, die den Erweiterungsantrag gemeinsam gestellt hatten, mussten die Maßnahme gegen die Kritik von FDP, Grünen, Linken und Freien Wählern gleichermaßen verteidigen, die ihrerseits zwar wenig bis gar nichts an Alternativen anzubieten, dafür aber eine Menge an der angepassten Verordnung auszusetzen hatten. Während die Fraktionschefs von FDP und Linken, Alfred Mallitzky und Klaus-Dieter Grosch, bezweifelten, dass der Bußgeldkatalog aufgrund leerer Taschen bei den Störenfrieden etwas bringen werde, außer dass noch mehr Leute in Ordnungs- oder Beugehaft sitzen, als es jetzt schon der Fall ist, bemängelte die Grünen-Fraktion, dass die Streetworker zu wenig in die ordnungspolitische Gestaltung miteinbezogen würden. Ordnungspolitische Gestaltung müsse einhergehen mit sozialpolitischer Gestaltung, so Fraktions-Vize Sandra Heinrichsen. Und Freie-Wähler-Ratsherr Dennis Kobus fehle die Rechtssicherheit der Verordnung. Die Einwände mögen allesamt durchaus diskutabel sein, die Antwort auf Alternativen blieb die Opposition allerdings weitestgehend schuldig. SPD-Ratsherr Gökcen Kuru brachte es auf den Punkt: "Was ist Ihre Lösung für das Problem? Da kommt nichts", warf er in Richtung der Oppositionsparteien. Zeit für alternative Überlegungen wäre da gewesen, noch vor den Sommerferien war der erste Antrag gestellt worden. Gar keine Ansätze seien auch keine Lösung, meinte auch CDU-Fraktionschef Ralf Eisenhardt. Man habe in den letzten Jahren durchaus soziale Maßnahmen ergriffen, aber irgendwann festgestellt, dass sie einfach nicht reichen. "Wir würden auch keine Verordnung erlassen, wenn sie nicht nötig wäre", versuchte Eisenhardt noch einmal die Fraktionen auf den Beschluss einzuschwören, die ihre Ablehnung bereits angekündigt hatten.

Aber mit wenig Erfolg: Mit fünf Gegenstimmen und ebenso vielen Enthaltungen wurde der Verordnung schließlich zugestimmt, aber mit Blick auf die gespaltenen Gemüter bei der Abstimmung bleibt für einige im Rat ein fader Beigeschmack. Einig war man sich fraktionsübergreifend indessen immerhin über die Notwendigkeit der Stellenplanerweiterung im Ordnungsbereich und der erweiterten Kontrollen sowie der Tatsache, dass der City und speziell der Alte Markt absolute Priorität bei der ordnungspolitischen Betrachtung der Stadt haben müsse - "sonst sind alle Kulturangebote für die Katz'", wie SPD-Fraktionschef Daniel Heidler treffend bemerkte. "Wir sollten der Verordnung jetzt eine Chance geben", fasst CDU-Fraktionchef Ralf Eisenhardt die Lage zusammen. Ob es klappt, wisse man jetzt noch nicht, aber: "Wenn wir merken, wir brauchen es nicht, können wir es schließlich auch wieder ändern", so Eisenhardt.

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