von Klaus Holzer / Kultur Kreis Kamen
In Kamen ist er heute unbekannt. Lediglich bei Kirchenführungen fällt sein Name als desjenigen, der Kamen zu einer protestantischen Stadt machte, und bei Besteigungen des Schiefen Turms, wo man im ersten Turmboden eine kleine Ausstellung mit erklärenden Worten zu seinem Schaffen findet. Auch wenn Kamen nur eine kurze Episode in seinem Leben darstellt, der bedeutendere Teil seines Wirkens sich in Lemgo und vor allem Oldenburg abspielte – er hatte den Mut, sich als erster in Kamen zur Reformation zu bekennen und hat damit die Geschichte dieser Stadt wesentlich beeinflußt. Wer ist Hermann Hamelmann?
Nach dem Schulbesuch in Osnabrück und anderen Städten besucht er die Universität Köln, wo er 1550 zum Priester geweiht wird. Schon auf seiner ersten Stelle als Prediger an St. Servatius in Münster fällt der junge Hamelmann als Kritiker am Zölibat auf. 1552 kommt er nach Kamen, in eine Stadt, in der es schon hörbar grummelt. Die Reformation kommt spät nach Westfalen, aber mit Macht. Der Kamener Stadtchronist Pröbsting berichtet über das Lotterleben mancher Geistlicher in Kamen: „Sie [die Reformation] fand hier einen günstigen Boden, wenn man zu der ganzen Geistesrichtung des Volkes noch hinzunimmt, in welchem Zustand damals namentlich die jüngeren Geistlichen in Camen sich darstellten“, und berichtet, daß dem Vikar Johann Wegner „ein Wohnhaus für seine natürlichen Kinder übergeben wird“. Und daß „die beiden Vikare Gert Klotmann und Jürgen Krappe wegen grober Unsittlichkeit vom Magistrat bestraft werden mußten“.
Das war der Boden, auf dem Hamelmann das erste Pflänzchen der Reformation setzte. Am Trinitatissonntag (15. Mai) 1553 predigte er zum ersten Mal die christliche Lehre nach Luther, für Kamen unerhört. Hamelmann selber berichtet in seiner Reformationsgeschichte von 1586 darüber: „In der Stadt Camen lehrte Hamelmann, und da er dort einmal göttlich erleuchtet wurde, bekannte er offen, am Tage Trinitatis im Jahr des Herrn 1552 [hier irrt er, es war 1553] die wahre Lehre und widerlegte die päpstlichen Irrtümer. Damals war dort der Marschall jener Grafschaft der Edelmann Theodor Reck, der mit den Bürgermeistern und dem Rat, da sie die Rede Hamelmanns gehört hatten, in Verfolgung des Rechtes bestimmte, daß Hamelmann entlassen wurde, da der Landesherr jenes Ortes noch nicht öffentlich irgendeine andere Lehre als die päpstliche zugelassen hatte. So, entlassen der Wahrheit wegen, schied Hamelmann ruhig.“ Der Landesherr, auf den er sich hier bezieht, ist der Herzog von Cleve, der seit 1398 auch über das märkische Territorium herrschte.
Zunächst ging aber das ruhige Leben in Kamen weiter. Erst 1567 ging man endgültig zur Lehre Luthers über, erlaubte den wenigen verbliebenen Katholiken jedoch, weiterhin die Severinskirche (heute Pauluskirche) zu benutzen. Wieder Hamelmann in seiner Reformationsgeschichte: „Inzwischen legte es jener gute Marschall Theodor Reck (der bald völlig umkehrte, um das Jahr des Herrn 1567) den Pastoren dort, Johann Buxtorp und Johann Merkator Schomburg, von Dortmund gebürtig, nahe, daß sie frohgemut anfingen, die Lehre des Evangeliums auszubreiten, die Sakramente gemäß der Lehre Christi in deutscher Sprache zu verwalten und deutsche Lieder zu singen. Ihr frommer Helfer war Johann Wegener, ein gelehrter und ernster Mann“.
Hamelmann, der die Reformation in Kamen anstieß, begann ein wahres Wanderleben und entwickelte sich zu einem der großen Reformatoren in Westfalen, wurde schließlich in Rostock zum Dr. theol. promoviert. Danach läßt er sich in Lemgo nieder, wird noch an weitere Orte berufen, um die Reformation voranzubringen. Schließlich zieht er endgültig nach Oldenburg, wird Generalsuperintendent. Dort erarbeitet er die Erste Oldenburgische Kirchenordnung und wird einer der Vordenker und Gründer des dortigen Volksschulwesens. Er schreibt eine Oldenburger Chronik, die als Standardwerk ihrer Art gilt, die Geschichte der westfälischen Territorien und Geschlechter und war auch der erste, der die Bedeutung der Externsteine untersuchte.
Am 26.6.1595 stirbt er hochangesehen in Oldenburg.