Berufsausbildung in Kamen: Stadt bereitet digitale Plattform und Messe vor
Kamen. Wer das Ausbildungszentrum der Firma VAHLE in Kamen betritt, wird überrascht sein: Der Blick richtet sich gleich auf drei Ausstellungsstücke – einen metallischen X-Flügler aus dem Star Wars-Imperium, gleich daneben ein dunkelgrüner Unimog und ein alter Lastwagen. Die Modelle sind das Ergebnis von Projektarbeiten, mit denen die Auszubildenden ihre Geschicklichkeit schulen und ihre ersten Kenntnisse umsetzen: Die angehenden Fachkräfte schweißen, drehen, fräsen, schrauben und bohren die Nachbauten aus Stahl. „Fingerfertigkeit ist eine ganz wesentliche Voraussetzung in unseren Metallberufen“, sagt Thorsten Röhr, Ausbildungsleiter für die technischen Berufe. Die Form und das Aussehen der Modelle hatte zuvor ein Auszubildender zum technischen Produktdesigner entwickelt, die angehenden Industrieelektriker und Elektroniker statteten dem Raumgleiter mit Dioden aus. „Das ist hier unsere Hightechschmiede“, schmunzelt Ausbilder Röhr.
Ganz Unrecht hat der Ausbilder dabei nicht. Denn die Veränderungsprozesse, mit denen sich das auf intelligente Energie- und Datenübertragungssysteme für mobile Industrieanwendungen spezialisierte Unternehmen für die Zukunft aufstellt, sind enorm: In einigen Bereichen arbeiten Mensch und Roboter „Hand in Hand“. Mechatroniker programmieren die hochkomplexen Anlagen. Diese werden wie die anderen Fachkräfte auch vor Ort aus- und weitergebildet. Denn mit der eigentlichen Ausbildung an sich ist der Lernprozess bei VAHLE längst nicht abgeschlossen: Die Weiterqualifizierung spielt das ganze Berufsleben über eine große Rolle. So werden unlängst Industriemechaniker zu SPS-Programmierern weiterqualifiziert, um die Bedienung einer komplexen und hochmodernen Anlage übernehmen zu können.
Die Berufsbilder, die die jungen Menschen bei VAHLE im Bereich der metallverarbeitenden Berufe neben dem Mechatroniker erlernen können, spiegeln das Anforderungsprofil wider, das sich in der Produktion ergibt: Während die Fachkraft für Metalltechnik nach einer zweijährigen Ausbildung vor allem fertigungsnahe Tätigkeiten erledigen kann, bedienen Fertigungsmechaniker unter anderem die Produktionsstraßen. Industriemechaniker hingegen werden dazu ausgebildet, die Fertigungsstraßen im Bedarfsfall reparieren zu können. „Wir haben ganz unterschiedliche Berufszweige bei uns“, sagt VAHLE-Geschäftsführer Achim Dries. Darüber hinaus bildet das Unternehmen unter anderem Industriekaufleute, IT-Fachinformatiker, Mediengestalter und Fachlageristen aus.
Das Thema Ausbildung ist Achim Dries eine „Herzensangelegenheit“, wie er berichtet. Das Unternehmen setzt in den vergangenen Jahren verstärkt darauf, von „innen heraus“ zu wachsen. Aktuell zählt VAHLE 44 Auszubildende, 13 haben im August ihre Ausbildung begonnen. Probleme, diese Stellen zu besetzen, hat das Unternehmen noch nicht. Doch es wird merklich schwieriger, vor allem für den gewerblichen Bereich qualifizierte und motivierte Kräfte zu finden: „Für viele kommt eine Ausbildung im technischen Bereich leider nicht mehr in Betracht“, sagt Ausbilder Thorsten Röhr. In der Vergangenheit fanden Unternehmen und Auszubildende häufig über Praktika zueinander. „Hier entdecken viele die Faszination eines technischen Berufes.“ Doch durch Corona waren diese Wege zuletzt verschlossen. Dadurch ist natürlich eine Lücke entstanden.
Der Arbeitsagentur bereitet diese Entwicklung Sorgenfalten. „Unsere Aufgabe ist es, die jungen Menschen und die Unternehmen zusammenzubringen“, schildert Thomas Keyen, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Hamm. „Obwohl in Kamen erfreulicherweise mehr Jugendliche einen Ausbildungsplatz suchen als im Vorjahr, sind noch 232 Ausbildungsstellen in der Stadt unbesetzt. Viele Jugendliche bevorzugen bei der Berufswahl eine Ausbildung in kaufmännischen Berufen, die Besetzung von Ausbildungsstellen im gewerblichen Bereich hingegen wird immer schwieriger. Dabei bietet eine duale Ausbildung gerade dort zahlreiche Möglichkeiten der Weiterentwicklung und eröffnet so langfristige Karrierechancen.“ Um einen „Corona-Jahrgang“ zu verhindern, setzt die Arbeitsagentur ebenso auf die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe. Unterstützung hierbei erhält sie von der Stadt Kamen, die aktuell eine Ausbildungsplattform im Internet vorbereitet sowie eine künftig stattfindende Ausbildungsmesse plant: „Wir möchten Möglichkeiten schaffen, dass sich Unternehmen sowie Schülerinnen und Schüler kennenlernen können“, sagt die Beigeordnete Ingelore Peppmeier. Gemeinsam mit Wirtschaftsförderer Elmar Wendland informierte sie sich über die Situation und stellte die Planungen vor.
Die beiden Vertreter der Stadt Kamen rannten dabei nicht nur bei VAHLE offene Türen ein. „Wir machen da sehr gern mit“, sagt Achim Dries. Auch beim Unternehmen „Weller Pumpentechnik“ in der Nachbarschaft ist das Thema Ausbildung ein wichtiger Beitrag zur Zukunftssicherung. „Die Auszubildenden sind unsere Fachkräfte von morgen“, sagt Geschäftsführer Karsten Cloodt.
„Der Generationenwechsel ist in den nächsten fünf Jahren eine große Herausforderung für uns. Zum Glück haben wir seit Bestehen der Weller Pumpen GmbH an vielen Stellen im Unternehmen die zweite und auch teilweise dritte Generation einer Familie.“ So auch im Falle des Ausbildungsleiters Henrik Neunert. Schon dessen Vater hat die Ausbildung bei Weller Pumpentechnik absolviert und arbeitet heute im Bereich Vertrieb/Verkauf. In diese Fußstapfen tritt nun auch der Sohn. Im vergangenen Jahr hat er die Meisterprüfung erfolgreich bestanden und übernimmt nun die Nachfolge seines Vaters.
Aktuell beschäftig die Weller Pumpentechnik fünf Auszubildende im ersten Lehrjahr – konkret zwei Zerspannungsmechaniker und drei Industriemechaniker. „Wir setzen auf unsere Nachwuchskräfte. Von der Pike auf bei uns gelernt sind sie zukünftig mit allen Besonderheiten unserer Pumpen vertraut“, berichtet Henrik Neunert aus seiner Erfahrung. Auch Jugendliche mit Ausbildungshandicaps werden unterstützt und bekommen eine Chance auf einen sicheren Arbeitsplatz mit Zukunftsperspektiven.
Informationen zur NRW-weiten Kampagne der Bundesagentur für Arbeit gibt es im Internet unter www.arbeitsagentur.de/m/ausbildungklarmachen
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