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Kamener Straßennamen: Kampstraße

am . Veröffentlicht in Stadtgeschichte

von Klaus Holzer

Kampstraße917KH1553 schloß sich Kamen fast geschlossen der neuen lutherischen Lehre an, doch schon eine Generation später wurde man „reformiert“, schloß sich der Lehre Calvins an. Das führte dazu, daß sich eine kleine Minderheit der Kamener, die verbliebenen Lutheraner, ohne Kirche sahen. Sie mußten ihre Gottesdienste in Privaträumen abhalten.

Schon 1698 versuchten diese daher, durch eine Petition beim brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III eine eigene Kirche zu erhalten. Nach der Ablehnung versuchten sie es wiederholt, bis sie endlich durch eine Cabinets-Ordre des (mittlerweile) Königs in Preußen, Friedrich Wilhelm I, vom 24. Martii (März) 1714 die Genehmigung dazu erhielten. Das hatte wesentlich auch damit zu tun, daß inzwischen ein preußisches Musketierregiment in Hamm stationiert war, das eine Abteilung in Kamen unterhielt. Und diese Preußen waren Lutheraner. Dennoch war man im Vergleich zur „größeren evangelischen (reformierten) Gemeinde“ immer noch nur die „kleinere evangelische Gemeinde“.

Lutherkirche Vorkriegszeit917KHLutherkirche in der VorkriegszeitEndlich konnte man also eine eigene Kirche bauen. Doch die Vorgaben waren klar: der König gestattete nur eine sog. „Straßenkirche“, d.h., sie mußte in der Flucht der umgebenden Häuser liegen, durfte keinen Kirchturm haben (der kleine Turmreiter, der heute auf dem Dach sitzt, wird immerhin schon 1829 erwähnt: „ein kleiner auf dem Gemäuer ruhender hölzerner, mit Schiefer gedeckter Turm, welcher jedoch keine Uhr und kein Geläute hat“; in einer anderen Quelle heißt es, daß dieser Turm bei Renovierungsarbeiten im Jahre 1868 aufs Dach kam) und, vor allem, keinen vorgelagerten Kirchplatz. Dennoch stach die kleine Kirche aus der ländlich–kleinstädtischen Umgebung heraus, ein richtiges Steinhaus in einer Straße, in der nur insgesamt 5 Ackerbürgerhäuser lagen, Fachwerkhäuser, wie wir einige noch in der Ostecke des alten Marktes finden. Das Material stammte übrigens aus der Wiederverwertung sowohl der Steine des „steinernen Hauses“, das die Gemeinde 1715 für den Kirchenbau erworben hatte, wie auch der mittlerweile obsolet gewordenen Stadtmauer und, vor allem des Mühlen– oder Rennentores. Viele ihrer Steine finden sich im Mauerwerk der Lutherkirche wieder.

Haus Buxtorf917KHDas ehemalige Buxtorfhaus, Ecke Kamp– und WeststraßeAm Anfang der Kampstraße, dort, wo heute die Commerzbank steht, befand sich das Eckhaus der Familie Buxtorf, die mehrfach Kamener Bürgermeister stellte und eine der bekanntesten Gelehrtenfamilien in Basel wurde. Es war ein sehr großes Haus, die Zufahrt zur Scheune lag in der Kampstraße. Der nördliche Teil dieser Straße, von der Rottstraße (heute Adenauerstraße) an, hieß früher Grevelstraße, wohl nach dem einzigen Anwohner.

acker917KHBlick von der Kampstraße zur Rottstraße; das matschige Freigelände im Vordergrund gehört zum ehemaligen Akenschockenhof, bis in die 1960er Jahre Schützenhof, heute Willy-Brandt-Platz; hinter der ersten Häuserreihe lag damals die Rottstraße, heute Adenauerstraße.Nach dem Kirchbau erhielt die Straße den Namen „Lutherische Kirchstraße“, später, wohl 1824, als König Friedrich Wilhelm III zur Bildung einer kirchlichen Union aufrief, wurde sie in „Kleine Kirchstraße“ umbenannt. Doch schon 1827, nachdem die Union an den Egoismen beider protestantischen Kirchen gescheitert war, erhielt sie den Namen „Kampstraße“, was soviel heißt wie „Feldstraße“. Das war durchaus gerechtfertigt, war doch hier überall freies Gelände, östlich bis zur Häuserreihe an der Nordstraße (damals Viehstraße), westlich lag das Gelände des Akenschockenhofes, eines der 10 Kamener Burgmannshöfe, seit 1993 Willy–Brandt–Platz. Und nördlich lag der von der Recke zu Recksche Hof, zuletzt Vogelhof genannt, ein weiterer Burgmannshof, auf dessen Gelände heute das Kamen Quadrat steht.

 

Stadtgeschichte: Baudenkmal Neorenaissance Villa Lechleitner

am . Veröffentlicht in Stadtgeschichte

von Edith Sujatta

Kamen. 1851 gründete der Bohringenieur Carl Julius Winter seinen Betrieb als Kesselschmiede und Tiefbauunternehmen, „ direkt am neuen Kamener Bahnhof gelegen". Er bohrte in der Umgebung erfolgreich nach Sole und Kohle.
1871 vergrößerte er seine Firma, er wird zum größten Tiefbauunternehmer Deutschlands. Im Jahr 1886 übernahm Julius Ferdinand Gustav Winter (1855-1914) den gesamten Betrieb. Er gründete 1894 mit anderen westfälischen Unternehmern wie Heinrich Grimberg und August Borsig die Kalibohrgesellschaft „Wintershall" in Kasse (zusammengesetztes Wort aus Winter und hals, griechisch für Salz).
1898 ließ er sich direkt an seinem Werk eine repräsentative Villa im Neorenaissance-Stil bauen (Renaissance 1520-1660). Dieser und andere historische Baustile gelten ab 1870/71 als „Vaterländischer Stil" oder auch als „deutscher Historismus". Das dreiachsige gegliederte Gebäude mit einem von einem dreiteiligen Stufengiebel bekrönten Mittelrisaliten ist reich geschmückt mit Zierfeldern, Palmetten und einem abschließenden Kranzgesims. Das Portal weist im unteren Drittel stark verzierte Säulen auf, die einen mit Zierkartuschen geschmückten Segmentbogen als Frontispiz tragen. Das untere Geschoss ist mit Quaderputz und alle Gebäudekanten mit von Gesimsen durchbrochenen Quaderlisenen geziert. Alle Fenster haben eine reich geschmückte Umrahmung. Etwas seitlich vom Haus standen früher rechts und links zwei gleich aussehende, als Stall und Remise genutzte Nebengebäude. Auf dem dadurch entstehenden Hof befand sich ein Rondell mit Springbrunnen. 1974 wurde das baufällige rechte Gebäude abgerissen. Der Gesamteindruck war wohl so repräsentativ und ungewöhnlich für unsere kleine Stadt, dass Pastor Pröbsting es in seiner Chronik als „schönste Villa in Kamen" erwähnt.

Stadtgeschichte: Die Benennung von Kamener Straßennamen

am . Veröffentlicht in Stadtgeschichte

von Klaus Holzer

Kamen. Südlich der Südkamener Straße, zwischen der Bückeburger Straße und Schulze Berge, heißen viele Straße nach Philosophen: Schopenhauer, Schelling, Feuerbach, Hegel, Fichte, Nietzsche. Doch stößt der Spaziergänger auf „Auf den Kämpen“, „Lütge Heide“, „Siegeroth“. Und die südlich angrenzende Flur heißt „Auf der Heide“. Wie paßt das zusammen?
Große Städte wie Köln hatten auch im Mittelalter schon Straßennamen, da selbst ihre Einwohner sonst in ihnen die Orientierung verloren hätten. Kleine Städte wie Kamen hatten das nicht nötig, hier kannte praktisch jeder jeden. Daher genügte eine bloße Numerierung, die in Kamen bis 1771 Bestand hatte. Danach gab es eine neue durchlaufende Numerierung. Und erst 1885 erhielt Kamen offizielle Straßennamen mit Hausnummern. Meist orientierte man sich bei der Namengebung an den typischen Gegebenheiten einer Straße. Straßen waren die großen Verkehrsadern, die die Verbindung zur Welt durch die Stadttore herstellten. Entsprechend gab es die Nord–, West– und Oststraße, das erste „Kamener Kreuz“. Eine „Südstraße“ brauchte es nicht, hier gab es die städtische Mühle als Orientierungspunkt. Zu ihr führte die Mühlenstraße. Und gleich hinter dem Mühlentor hieß die Straße Steinweg bzw. –straße, da sie als erste in Kamen gepflastert war. Sie war besonders wichtig geworden, weil sie den direkten Zugang zum Hellweg ermöglichte, der damals wichtigsten Handelsstraße.
Die Straßen innerhalb der Stadt, die den Verkehr der Bürger und Einwohner untereinander  ermöglichten, hießen Gassen. Und da Handwerke und Gewerbe sich bevorzugt in direkter Nachbarschaft miteinander ansiedelten, hießen solche Gassen z.B. Lämmergasse, Färbergasse, Gänsemarkt.

Stadtgeschichte: Das Fürstentum Sedan, die Grafschaft Mark und die Stadt Kamen

am . Veröffentlicht in Stadtgeschichte

von Marie-Luise Steffan und Klaus Holzer

Kamen. Maria-Luise Steffan, Gildemeisterin der Gästeführer-Gilde Kamen nahm im Sommer an der Bürgerreise nach Frankreich, besonders in Kamens Partner-stadt Montreuil–Juigné teil und war erstaunt, als sie entdeckte, wie tiefe historische Beziehungen zwischen einer französischen Region und Kamen bestehen. Hier einige Informationen, die sie nach ihrer Rückkehr zusammengestellt hat:

w sedan1w grafschaftDas Fürstentum Sedan, die Grafschaft Mark und die Stadt Kamen

Das Fürstentum Sedan war in der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein unabhängiges Fürstentum innerhalb der Grenzen Frankreichs. Zentrum des Fürstentums war die Burg Sedan. Im Mittelalter war Sedan vom Lehen Mouzon abhängig, das sich im Besitz des Königs von Frankreich befand, die Herren von Sedan waren somit deren Vasallen.

Nach dem Blutbad von Wassy 1562 und während des darauf folgenden Ersten Hugenottenkrieges proklamierten Henri-Robert de la Marck, Herzog von Bouillon, und seine Ehefrau Francoise de Bourbon, Tochter Louis` III. de Montpensier, beides Protestanten, die Unabhängigkeit Sedans und sich zu Fürsten.

Henri-Robert de la Marck (geb. 7. Februar 1539; gest. 2. Dezember 1574) war zweiter Herzog von Bouillon und erster Fürst von Sedan. Er war außerdem Gouverneur der Normandie. Er stammte aus der französischen Linie des Hauses Mark. Der Vater war Robert IV. de la Marck und die Mutter Francoise de Brézé, Gräfin von Mau-lévrier.

Das Haus Mark (auch Marck, vollständiger Name von der Mark) war ein deutsches Adelsgeschlecht und stellte Herren der Grafschaft Mark.

Sie waren eine Seitenlinie der Grafen von Berg bzw. von deren Ableger, den Grafen von Altena-Berg. Die andere Seitenlinie der Grafen von Altena-Berg herrschte bis 1225/26 als Grafen von Hövel über die Grafschaft Hövel-Isenberg und ab 1242 als Grafen von Limburg über die Grafschaft Limburg.
Das Geschlecht der Grafen von der Mark hat sich später selbst in verschiedene Zweige aufgespalten.

Neben der Stammlinie den Grafen von der Mark und später den Herzogen von Jülich, Kleve und Berg stellte das Geschlecht auch Linien des Hauses Arenberg, der Herzöge von Bouillon, Fürsten von Sedan und Herren von Lummen und der Grafen von Schleiden.

Kamener Stadtgeschichte: Das fünfte Viertel

am . Veröffentlicht in Stadtgeschichte

von Klaus Holzer

Als ich vor einigen Wochen eine Stadtführung machte, fragte mich eine Teilnehmerin: „Ich habe schon öfter vom Kamener 5. Viertel gehört. Was ist damit gemeint?“ Da ich es damals auch nicht wußte, habe ich sie mit den Worten vertröstet: „Schauen Sie in ein paar Wochen auf die Gästeführerseite im Internet, da werden Sie die Antwort finden.“ Hiermit also löse ich mein Versprechen ein:

Das fünfte ViertelDas fünfte Viertel

Eigentlich glaubt man es zu wissen: um ein Ganzes zu ergeben, braucht es vier Viertel. Und wenn es ein Viertel mehr gibt, dann bleibt etwas übrig. In Kamen gibt es ein solches fünftes Viertel. Wie ist es dazu gekommen?

In den 20er Jahren baute die Gelsenkirchener Bergwerksaktiengesellschaft ihre Zechenhäuser nördlich des heutigen kleinen Kreisels an der Lünener Straße, die bis zum ehemaligen Hause Recker reichten. Dafür wurde als Ausgleichsgelände der neue Park „Am Edelkirchenhof“ angelegt. Dieser war bis dahin eine Viehweide des Bauern Koepe gewesen (vgl. aber a. Artikel über Reckhof/Edelkirchenhof) . An diese Familie erinnert heute noch der Koepeplatz.