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Polizisten attackiert, Kot im Streifenwagen verschmiert: Elf Monate Haft

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. Für sein Verhalten gegenüber zwei Polizeibeamten soll der 30-jährige Kamener René M. (Name geändert) elf Monate ins Gefängnis: Dieses Urteil hat der Strafrichter am Amtsgericht gesprochen. An einem Sonntagmorgen im Mai, kurz nach 8 Uhr, waren die Beamten von M.s Nachbarn zum Mehrfamilienhaus in der Innenstadt gerufen worden, wenige Meter vom Markt entfernt. Zu dem Zeitpunkt ging es "nur" um die dröhnende Musik aus seiner Wohnung.

Was dann passierte, beschrieben der Polizeioberkommissar (46) und die Polizeikommissarin (25) vor Gericht so: Zur Begrüßung habe M. ihnen den Mittelfinger gezeigt. Die Musik mache er so laut, wie es ihm passe, habe er gerufen. Mit der Faust habe er in Richtung des Oberkommissars geschlagen. Es entwickelte sich eine Prügelei. Die Männer landeten auf dem Boden in M.s Wohnung. Der Beamte verpasste M. mehrere Faustschläge ins Gesicht. Seine Kollegin mühte sich, M.s Beine zu fixieren. Verstärkung musste her, um M. ins Gewahrsam nach Unna zu schaffen. Im Streifenwagen soll M., der sich inzwischen eingekotet hatte, mit der verschmierten Hose auf der Sitzbank hin- und hergerutscht sein. Ein Atemtest auf der Wache ergab einen Blutalkoholwert von knapp 2,3 Promille. Ein Richter des Amtsgerichts Unna verfügte, den längst noch nicht ausgenüchterten M. gehen zu lassen - eine Entscheidung, für die sein Kamener Kollege jetzt im Strafprozess ausdrücklich kein Verständnis hatte.

M. selbst erklärte, er sei wohl an jenem Sonntagmorgen "ein bisschen über die Stränge geschlagen". Doch vor allem sah er sich als Opfer: Er sei mehrfach ins Gesicht geschlagen worden, ohne selbst Gewalt angewandt zu haben. Und: Die Beamten hätten ja gar nicht in seine Wohnung gedurft, behauptete er - wurde vom Richter aber gleich widerlegt. Natürlich durften sie rein, nachdem M. sich strikt geweigert hatte, die Musik leise zu stellen.

Der POK und die PK erlitten bei dem denkwürdigen Einsatz leichte Verletzungen: Prellungen an Stirn und Arm. Vor allem habe sie tagelang starken Muskelkater gehabt vom Festhalten von M.s Beinen, erzählte die Kommissarin. Ihr Kollege sagte, so etwas wie die Prügelei mit René M. habe er in 26 Dienstjahren noch nicht erlebt. "Ich hasse es, Gewalt gegen Menschen auszuüben."

M. hat Vorstrafen, ist auch schon zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Eine neue Chance lasse das Gesetz nicht zu, fand der Richter. M. habe massiv Widerstand geleistet und in der Verhandlung keinerlei Einsicht gezeigt. Nach Verkündung des Hafturteils bat M. - zu spät - um Milde: "Mir geht's überhaupt nicht gut." Er sprach vom Bewältigen eines Drogenproblems und von der Möglichkeit eines Betreuten Wohnens.

Gegen die elf Monate im Gefängnis kann er Berufung einlegen. Der Fall wird dann beim Landgericht Dortmund neu verhandelt.

Arzt belästigt Azubis: Acht Monate auf Bewährung

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Ein Bergkamener Arzt ist wegen sexueller Belästigung von zwei früheren Auszubildenden zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Den beiden Frauen soll er je 3.000 Euro zahlen, außerdem 2.000 Euro an die Gerichtskasse. Dass diese Entscheidung des Kamener Strafrichters schnell rechtskräftig wird, ist unwahrscheinlich. Der Verteidiger des Mediziners hatte Freispruch beantragt.

Der Arzt - ein bis jetzt strafrechtlich unbescholtener Mann kurz vorm Rentenalter - hatte zu Beginn der gut dreieinhalbstündigen Verhandlung ein Teilgeständnis abgelegt. Es ging in dem Verfahren um aufgezwungene Berührungen in der Zeit von November 2016 bis Februar 2019: Griffe ans Gesäß, an die Brust, dazu Küsse. Das alles hätte nicht sein dürfen, sagte der Arzt, und es tue ihm "aufrichtig leid". Passiert sei das allerdings nur mit einer der beiden jungen Frauen - und der gab er eine Mitschuld. Sie habe in der Praxis eine sexualisierte Atmosphäre erzeugt; es habe freizügige Kleidung gegeben und lockere Sprüche, auch übers eigene Liebesleben. Drum sei er von einem Einverständnis mit seinen Berührungen ausgegangen. Und was die zweite Frau betrifft: Die habe er in Ruhe gelassen.

Beide Frauen hörte das Gericht als Zeuginnen. Was sie sagten, ist nach Überzeugung des Richters völlig glaubhaft. Danach nutzte der Arzt immer wieder Gelegenheiten, sich den Frauen aufzudrängen. Schon bei Abschluss des Ausbildungsvertrages habe es einen Kuss auf die Wange gegeben, schilderte eine - "da habe ich mir noch nichts bei gedacht". Belästigungen seien später Teil ihres Praxisalltags gewesen. "Manchmal habe ich mich dann vorne hingesetzt und geweint." Hätte sie gekündigt und nicht zügig etwas Neues gefunden, wäre die absolvierte Ausbildungszeit umsonst gewesen. Noch heute träume sie nachts von dem Mann. Inzwischen arbeitet sie in einer Kita. Auch ihre Kollegin gab den ursprünglichen Berufswunsch auf, macht eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Die Beziehung zu ihrem Freund habe gelitten. Sie leide auch körperlich wegen der Geschehnisse bei dem Bergkamener Arzt, dessen Patientin sie als Kind war. Eine chronische Darmentzündung sei nach Ausscheiden aus dem Ausbildungsverhältnis diagnostiziert worden.

Zwei Frauen sagten im Prozess aus, die den Arzt entlasteten. Beide sind noch bei ihm beschäftigt. Eine wird wohl bald selbst Angeklagte sein: Ihr droht ein Verfahren wegen Falschaussage. Ein Handy-Video bewies, dass sie selbst von dem Doktor betatscht wurde. Dass er ihr zu nahe gekommen sei, hatte sie vorher aber ausdrücklich verneint. Ihre Erklärung nach Vorführen des Videos: "Ich hab' das nicht so empfunden." Die zweite Entlastungszeugin gab an, von Übergriffen nichts mitbekommen zu haben - wohl aber, dass eine der Azubis den Arzt provoziert habe.

Wenn der Mediziner Berufung einlegt, kommt der Fall vors Landgericht Dortmund. Sein Verteidiger hat angedeutet, dann weitere Beweismittel nutzen zu wollen. Da wäre zum Beispiel der Brief einer Frau - Mutter eines kleinen Patienten -, die sich in dem Schreiben beklagt habe, ihr Mann sei in der Praxis von einer Azubine angeflirtet worden. Den Namen der Briefschreiberin wollte der Verteidiger des Arztes dem Richter auf Nachfrage nicht nennen.

Zweifel an Faustschlag: Freispruch für Familienvater

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amtsger19NKWvon Andreas Milk

Kamen. Verständlich wäre es, hätte der Methleraner Familienvater Michael A. (Name geändert) am 27. April 2019 das getan, was ihm die Anklage vorwarf: Er soll dem Mitbewohner seiner Tochter einen Faustschlag ins Gesicht verpasst haben. Dieser Mitbewohner ist inzwischen rechtskräftig dafür verurteilt, dass er die junge Frau geschlagen und ihr eine Lampe aus Metall an den Kopf geworfen hatte. Michael A. versicherte jetzt vor Gericht: Er habe den Mitbewohner zur Rede gestellt, ihm aber nichts getan. Am Ende wurde A. freigesprochen - auf Antrag seines Verteidigers und auch des Staatsanwaltes.

Denn die Beweislage in Sachen Faustschlag war mehr als dürftig. Das - mögliche - Opfer blieb zwar in seiner Zeugenaussage dabei: A. habe ihm den Hieb auf die Nase verpasst. Ein anderer junger Mann, der ihm das bestätigen sollte, hat allerdings seine Aussage längst widerrufen und sich schriftlich dafür entschuldigt. Motiv für die Lüge: Freundschaft mit dem Lampenwerfer. Es handelt sich bei dem reumütigen Zeugen um den Sohn eines Polizisten. Dieser Polizist ist ein Nachbar der Kontrahenten. Vom Zoff zwischen Michael A. und dem Mitbewohner von dessen Tochter bekam er "außerdienstlich" mit. Eine Gewalttätigkeit Michael A.s konnte auch er nicht bezeugen.

Fazit: Die Zweifel, dass A. wirklich zugeschlagen hat, sind gewaltig. Vorstrafen hat der 40-Jährige nicht. Dabei bleibt es. Teuer wird es nach dem Termin allein für den Polizistensohn: Weil er trotz Ladung nicht zur Verhandlung kam, muss er 300 Euro Ordnungsgeld zahlen.

BSV Heeren gegen Königsborn: Geldbuße nach Todesdrohung

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgericht19KWvon Andreas Milk

Kamen. Die Stimmung war gereizt bei der Begegnung zwischen Gastgeber BSV Heeren und dem Königsborner SV am 29. Dezember 2019. Sie war so gereizt, dass ein Königsborner Spieler zu einem Heerener sagte: "Nach dem Spiel bring' ich dich um" - nachdem der Heerener mit dem Bruder des Königsborners zusammengerasselt war. Heute stand der Königsborner wegen Bedrohung vor dem Kamener Strafrichter.

Und schnell war klar: Erstens hatte der 25-Jährige seine Drohung nicht ernst gemeint, zweitens ist er kein notorischer Schlägertyp. Sein Vorstrafenregister ist leer. Er ist berufstätig und spielt eben in seiner Freizeit gern Fußball. Bei seinem Heerener Kontrahenten entschuldigte er sich; der Heerener nahm die Entschuldigung an. Alles wieder gut also.

Trotzdem: Todesdrohungen sind keine Lappalie - der Königsborner muss als Buße 300 Euro an die Westfälischen Kinderdörfer zahlen. Sobald er das getan hat, wird das Verfahren endgültig eingestellt, das Vorstrafenregister bleibt sauber.

Der Richter sagte, Prozesse um Ausraster auf dem Fußballplatz werden mehr. Er finde es gut und richtig, dass der Heerener Spieler wegen der Drohung zur Polizei gegangen war - zumal der Königsborner nach dem Abpfiff beim Abklatschen wohl auf Nachfrage hin trocken geantwortet hatte, ja, das mit dem Umbringen sei ernst gemeint gewesen. Weitere "Strafe" neben der Geldbuße: Der Königsborner darf seit dem Vorfall nicht mehr so häufig für seinen Verein auf den Platz wie früher.

Illegales Rennen auf der A 2: Geldbußen oder Mammut-Verfahren

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Gerichtsberichte

amtsgerichtKamen AMvon Andreas Milk

Kamen. Es war gegen zwei Uhr in der Nacht auf der A 2 in Richtung Hannover, in der Nähe des Kamener Kreuzes. Die Insassen eines SUV bekamen am 15. September 2019 ein "Schauspiel" zu sehen, wie es eine von ihnen heute im Kamener Amtsgericht ausdrückte. Sie habe eine "Wand von Bremslichtern" vor sich gehabt. Beteiligt gewesen seien mehrere "sehr beeindruckende" Wagen, durchweg mit mehreren hundert PS ausgestattet. Ein so genanntes Beschleunigungsrennen war im Gange. Dabei bildeten jeweils drei der hochmotorisierten Geschosse eine Blockade nach hinten, fuhren also nebeneinander auf den drei Spuren in niedrigem Tempo, um die "Rennstrecke" vor sich frei zu halten. Drei mutmaßlich Beteiligte saßen jetzt als Angeklagte im Gericht; zwei weitere waren dem Termin fern geblieben.

Statt um die Sache selbst ging es allerdings fast ausschließlich um die Frage, wie das Verfahren am sinnvollsten zu erledigen sei. Eine unglückliche Rolle spielt bei dem Ganzen die Staatsanwaltschaft Dortmund. Sowohl der Richter als auch die Verteidiger äußerten sich dazu kritisch.

Die Staatsanwaltschaft hatte es in fast zehn Monaten nicht geschafft, die Handys der Beschuldigten auszuwerten und festzustellen, ob es denn eine Verabredung zu einem Autorennen auf der Autobahn gab. Die Männer bestreiten das. Zu dem Verhandlungstermin wurde - obwohl der Fall recht komplex ist - eine Referendarin geschickt. Im entscheidenden Moment musste sie passen: Der Richter hatte angeregt, die Verfahren gegen Zahlung stattlicher Geldbußen an gemeinnützige Einrichtungen einzustellen. Damit konnte sich die Vertreterin der Staatsanwaltschaft zwar anfreunden - durfte aber nicht selbstständig zustimmen. Vielmehr musste sie ihre Ausbilderin anrufen. Und die sagte - obwohl sie mit dem Fall nie näher befasst war und sich erst recht keinen persönlichen Eindruck von den Angeklagten machen konnte - "Nein".

So hirnrissig ein nächtliches Rennen auf der Autobahn sein mag: In diesem Fall wurde nach Aktenlage niemand behindert oder gefährdet. Die beteiligten Fahrer verloren schon jeweils für sieben Monate den Führerschein - so lange dauerte es, bis das Gericht sie nach Beschlagnahmung durch die Polizei wieder herausrückte. Die jungen Männer (und ihre Anwälte) wohnen in verschiedenen Ecken Deutschlands, was weite Anreisen zum Gericht zur Folge hat. Es gibt mehrere Zeugen, die für eine Verurteilung aussagen müssten. Das erhöht das Risiko, dass sich die Sache zum Mammmut-Verfahren auswächst.

Resultat des Tages am Gericht: Gegen die drei erschienenen Angeklagten wurde die Verhandlung ausgesetzt. Der Richter will versuchen, den zuständigen Dezernenten bei der Staatsanwaltschaft doch noch für eine Einstellung zu gewinnen. Das Trio hat sich bereit erklärt, in diesem Fall je 1.500 Euro Buße für einen guten Zweck zu zahlen. Gegen die beiden fehlenden Männer wurden per Strafbefehl Haftstrafen auf Bewährung verhängt. Einer von ihnen war seinerzeit gefahren, ohne einen Führerschein zu besitzen.

Kommt doch noch die Zustimmung zur Verfahrenseinstellung, ist die Angelegenheit erledigt; die beiden abwesenden Angeklagten allerdings können davon unabhängig Einspruch gegen ihre Strafbefehle einlegen. Verweigert der Dezernent in Dortmund die Zustimmung, geht es frühestens im Herbst weiter - oder besser: von vorne los. Der Richter schien sich nicht ganz sicher, ob er ein Urteil bis zu seiner Pensionierung schafft. Die soll 2022 sein.