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Das Vorwort
Kamen ist eine Stadt der Literatur, gleich mehrere, auch überregional bekannte Schriftsteller wohnen hier. KamenWeb.de möchte darauf durch die Reihe "Gedicht der Woche" hinweisen.
Dorffriedhof
Was für ein Friedhofskonzept
Mögen die hier wohl haben, fragt
Sich die junge Frau, legt frische
Blumen auf das Grab ihres Mannes
Fragt im nächsten Augenblick
Den Gärtner, der Rindenmulch
Streut auf die Grabstelle nebenan
Was für ein Friedhofskonzept
Mögen sie hier wohl haben
Von fünf Gräbern machen vier
Einen verwahrlosten Eindruck
Aufgegeben, trostlos, Grabsteine
Rausgerissen, wild auf den Haufen
Gekippt, Schottersteine, Lehmhaufen
Unkraut nur als Hinterlassenschaft
Vier von fünf Gräbern sehen einfach
Fürchterlich aus, was für ein Konzept
Das wüsste der Gärtner auch zu gern
Der Pastor, sagt er, und holt etwas aus
Wollte den Friedhof bis vor kurzem
Sogar noch erweitern, der Streifen
Land auf der anderen Straßenseite
Gestorben wird immer, war seine
Devise, ist doch mit unser Hauptgeschäft
Unser Kerngeschäft, das mit dem Sterben
Hat er gemeint, das Leben ist endlich
In Ewigkeit, Amen. Hat der Gute nicht
Wahrhaben wollen, dass wir den Platz
Einfach nicht brauchen, nur noch
Platzsparende Urnen, und all die
Gruften, die aufgegeben werden
Weil keiner sie mehr will, geschweige
Denn pflegen. Inzwischen haben sich
Paar Bäume und Sträucher angesiedelt
Dort auf der Kippe, der Friedhofsdeponie
Das Leben ist endlich, da hat er wohl recht
Doch sterben will keiner, hundert werden
Wenn 's eben geht. Inzwischen nur noch
Alte im Dorf, erst mal ins schöne neue
Altenheim, bis es irgendwann soweit ist
Und wie Kraut und Rüben der Friedhof
Die Hälfte nur Brache, sauberhalten
Können die Alten die Gräber einfach
Nicht mehr und da kommen sie her
Und fragen nach einem Konzept
Die liebe Natur holt sich das alles doch
Zurück irgendwie, bisschen helfen dabei
Haben sie Recht, könnte man schon
Gerd Puls