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Gedicht der Woche: Schreibst du denn? (2014)

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wort & Buch

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Das Vorwort
 
Kamen ist eine Stadt der Literatur, gleich mehrere, auch überregional bekannte Schriftsteller wohnen hier. KamenWeb.de möchte darauf durch die Reihe "Gedicht der Woche" hinweisen.
 
Schreibst du denn? (2014)

Schreibst du denn, zeichnend und kritzelnd,
stumm schreiend und streitend?
Gießt du deine innersten Gefühle
in einen See aus Tränen?!

Dampf und Hitze wabern
hier und jetzt –
die Wahrheit will ans Licht,
die Gerechtigkeit wurde geraubt,
das Mitleid mit Füßen getreten,
und die Liebe schreit vor Schmerz,
wenn die Welt aus den Fugen ist
wenn die Anarchie regiert –
schauderst du vor so viel Qual und Lärm?
Oder hältst du stand, siehst hin, beharrst und schreibst?

Ihre Lüge nennen sie Wahrheit, deine Wahrheit Lug und Trug,
ihren Fanatismus nennen sie Ehre, dein Mut kostet dich das Leben.

Wie also könntest du nicht schreiben,
während du da stehst und alles entschwinden siehst –
natürlich schreibst du. Wie auch nicht!

Also los, schreib und lass es fließen.
Nur, wo ist das Papier?
Schreib es dir in die Seele, verbirg es in deinem Herzen,
dem sichersten aller Tresore,
unerreichbar für den Wind
sicher vor jeder Flut.


(übersetzt von Barbara Krohn
nach der englischen Übersetzung von Ghirmai Negash)

Gedichtzeile von William Butler Yeats über den Ersten Weltkrieg

Über die Schreibanfänge von Max von der Grün in Kamen-Heeren

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wort & Buch

Max von der Grün - Foto: Pendragon Verlag / Jennifer von der Grün / Wikipedia.deMax von der Grün - Foto: Pendragon Verlag / Jennifer von der Grün / Wikipedia.devon Heinrich Peuckmann

Kamen. Anfang April 1951 kam Max von der Grün aus Bayreuth ins Ruhrgebiet. Hintergrund war, dass es hier Arbeit gab und man vor allem im Bergbau viel Geld verdienen konnte. Dass es ihn nach Heeren verschlug, war eher dem Zufall geschuldet. Bei seiner Bewerbung hatte man ihm die Namen verschiedener Zechen vorgelesen, die ihm alle nichts sagten, bis er den Namen Königsborn hörte. „Königsborn“, urteilte von der Grün, „das klang schon besser.“

Auf Zeche Königsborn II/V in Heeren, damals noch eine selbständige Gemeinde, ist er dann als Schlepper angefangen. Zuerst hat er im Ledigenheim gewohnt, dem so genannten „Bullenkloster“. Die harte Arbeit unter Tage war für den 25jährigen von der Grün so anstrengend, dass er sich seine neue Heimat, in der er ursprünglich nur zwei, drei Jahre verbringen wollte, dann aber bis zu seinem Lebensende blieb, in den ersten Wochen gar nicht ansehen konnte. Nach der Arbeit fiel er erschöpft ins Bett, selbst zum Lesen, das er so liebte, fehlte ihm die Kraft. Erst nach drei Wochen, an einem Sonntag, hat er sich aufgemacht, Heeren zu erkunden und sofort sind ihm zwei Menschentypen aufgefallen, die er aus seiner fränkischen Heimat nicht kannte. Da gab es einmal die merkwürdigen Männer, die im Garten oder auf der Straße standen, ausdauernd den Kopf im Nacken hielten und den Himmel absuchten. Gewundert hat er sich, was es denn da so Spannendes zu entdecken gab, bis er es merkte. Die Männer warteten auf ihre Tauben, sie waren Taubenzüchter und hatten einen Teil ihrer „Duven“ zum Wettkampf geschickt. „Auf Reise geschickt“ wie das unter Fachleuten heißt, ein Ausdruck, den von der Grün schnell lernte. Die anderen waren ältere Männer, die in Gruppen, meistens in Lodemänteln gekleidet, durchs Feld liefen, von Hunden umkreist. Das waren die Invaliden, von denen die meisten Steinstaub hatten und denen bei frischer Luft das Atmen leichter fiel. Die „Hustemänner“, wie sie genannt wurden. Noch so ein Ausdruck, den er kennen lernte und später in seiner Literatur verwandte.

Die Arbeit unter Tage war gefährlich, von der Grün hat das hautnah miterlebt, denn zweimal ist er verschüttet worden. Das war zu der Zeit, als er schon zum Hauer aufgestiegen war und beide Unglücksfälle waren Erlebnisse, die sein Leben entscheidend geprägt haben. Er hat sie nämlich dadurch verarbeitet, dass er anfing zu schreiben. Sein erster Roman, geschrieben am Küchentisch seiner Wohnung, denn er war inzwischen verheiratet, entstand als Folge dieser Unfälle und er hat einen schönen Titel: „Männer in zweifacher Nacht“. Männer also, die schon unter Tage in einer Art Nacht waren und dazu in einer zweiten in ihrem Gefängnis hinter herab gestürztem Gestein.

Jetzt machte sich bezahlt, dass er zeitlebens gerne und viel gelesen hat, Stefan Zweig vor allem, den er sehr liebte, aber ein routinierter Autor war er dadurch noch lange nicht. Bei allen möglichen Leuten im Dorf, beim Lehrer, beim  Pfarrer Heinz Georg Weber, dem er später in seiner Erzählung „Am Tresen gehen die Lichter aus“ ein literarisches Denkmal setzte, hat er sich Rat geholt. Und als der Roman fertig war und er einen Verlag suchte, hat ihm jemand den entscheidenden Tipp gegeben. Er solle sich an Fritz Hüser wenden, hat der Ratgeber ihm vorgeschlagen, den Direktor der Dortmunder Stadtbibliothek. Tatsächlich hat Hüser ihm einen Verlag besorgt, den Paulus-Verlag in Recklinghausen. Hüser hat ihm außerdem erzählt, dass er mehrere schreibende Arbeiter kenne, ihre Bücher sammle und gemeinsam sind sie dann auf die Idee gekommen, eine Autorengruppe zu gründen, die „Dortmunder Gruppe 61“, die längst ein Stück bundesrepublikanischer Literaturgeschichte geworden ist. Josef Reding, Günter Wallraff, Angelika Mechtel und Bruno Gluchowski gehörten zum Beispiel dazu. Von Heeren aus, mit Dortmunder Hilfe freilich, erging also ein folgenreicher literarischer Anstoß.

In seiner Zeit als Heerener Bürger hat Max von der Grün noch einen zweiten Roman geschrieben, einen seiner besten, der damals sogar für einen großen Skandal sorgte. „Irrlicht und Feuer“ heißt er und beschäftigt sich mit dem beginnenden Zechensterben und der Kumpanei zwischen Gewerkschaftern und Zechenbaronen. In einem Romankapitel schildert von der Grün dabei die Arbeit eines Kohlenhobels, der neu beim Herausbrechen von Kohle eingesetzt wurde. Und weil die Technik noch nicht ausgereift war, kam es immer wieder zu Unfällen. Einmal, so schildert es von der Grün, reißt die Kette, peitscht durch den Streb und schlägt dem Steiger den Kopf ab. Als dieser Roman im Vorabdruck in einer Illustrierten erschien, klagte die Firma Westfalia Lünen gegen ihn. In der Darstellung glaubte sie, ein Produkt ihrer Firma erkannt zu haben und wollte Schadenersatz in Höhe von etwa 100.000 DM. Eine Summe, die der Bergmann von der Grün niemals hätte aufbringen können. Zuerst versprach ihm die Gewerkschaft Rechtsbeistand, doch als die Verantwortlichen in anderen Kapiteln die Gewerkschaftsschelte von Jürgen Fohrmann entdeckten, ließen sie von der Grün fallen. Ganz allein stand er gegen die Lüner Firma vor dem Gericht in Hamm und wurde frei gesprochen. Gott sei Dank für ihn und auch für die Literatur, denn wer weiß, was andernfalls aus ihm geworden wäre. Aus dieser Zeit blieb bei ihm ein Misstrauen gegen die Gewerkschaft hängen. Sonst als Arbeiter und später als freier Schriftsteller immer ein solidarischer Kämpfer für die Rechte der Lohnabhängigen, ein mustergültiger Gewerkschafter sozusagen, blieb von der Grün der Organisation Gewerkschaft gegenüber immer distanziert. Nicht unverständlich nach so einem Erlebnis.

Der Roman hatte noch eine weitere Folge, denn die Defa, die DDR-Filmgesellschaft, beschloss, ihn zu verfilmen. Der kleine Heerener Bergmann war entsprechend stolz und bat um Sonderurlaub, um sich die Dreharbeiten anzusehen. Aber der wurde ihm nicht gewährt, schon das allein war eine kleine Schikane. Als er dann aber unentschuldigt der Arbeit fern blieb, um doch zu Dreharbeiten zu gehen, wurde es zum Anlass genommen, den unbequemen Kritiker los zu werden. Er bekam die Kündigung und eine andere Arbeit hat er nicht gefunden. So wurde von der Grün zwangsläufig freier Schriftsteller, hatte anfangs die Sorge, ob er wirklich mit seiner Familie vom Schreiben leben könnte und hat es am Ende geschafft. Geholfen hat ihm dabei später sein Bestseller, das Jugendbuch „Die Vorstadtkrokodile“, das er gerne scherzhaft als seine Altersversicherung bezeichnete. In unzähligen Schulen wurde und wird es als Klassenlektüre gelesen. So ist es in seinem Leben zweimal passiert, dass sich aus einer unglücklichen Situation, aus Arbeitsunfällen und Kündigung, etwas Positives entwickelt hat. Es kommt eben immer darauf an, was man aus einer Situation macht. Max hatte die Kraft, seinem Leben daraus eine erfolgreiche Richtung zu geben.

„Irrlicht und Feuer“, sicher einer der bekanntesten Arbeiterromane in der deutschen Literatur, spielt, wie man an vielen Ortsangaben merken kann, in Kamen und es ist bedauerlich, dass in der Stadt selbst davon so wenig Kenntnis genommen wird.

Als Jürgen Fohrmann, die Hauptperson, gefragt wird, wo er wohne, nennt er die neue Siedlung ganz in der Nähe der Autobahn. Und weil dort direkt eine Zechenbahn vorbeifährt, die ihm als Schleichweg zur Zeche dient, kann man schnell auf den Kamener Kupferberg stoßen. Alle Angaben treffen auf ihn zu.

Die Zechenbahn führt von Kamen über Heeren bis nach Bönen. Heute ist sie ein schöner Fahrrad- und Wanderweg. Dort trifft Jürgen Fohrmann die Frau, die von ihrem Mann regelmäßig verprügelt wird, die sich bei ihm seelischen Beistand holt und wegen der er zweimal seine Schicht verpasst, weshalb er selber kurz vor der Kündigung steht. Parallelität der Ereignisse also. Andere Orte, etwa die Kneipe, in der die große Gewerkschaftsversammlung abgehalten wird, findet man in Heeren. Und manche Orte werden direkt genannt: Kamener Markt, der Koppelteich usw. Für Kamener Leser  eine kleine Fundgrube.

Mit Oberstufenschülern am Gymnasium in Bergkamen habe ich den Roman vor ein paar Jahren gelesen. Das Titelbild der Taschenbuchausgabe mit dem Bergmann, der einen Presslufthammer in der Hand hält, hätte sie zuerst abgeschreckt, sagten sie nachher. Aber als sie sich dann eingelesen hätten in die Welt, die für die meisten die Welt ihrer Großeltern war, hätten sie den Roman als spannend empfunden. Gerade in unserer Region ist hier also ein literarischer Schatz zu heben, der nicht am Interesse junger Leute vorbeigeht.

Mit Beginn seiner Arbeit als freier Autor verließ Max von der Grün Heeren und wechselte nach Dortmund, wo er zum bekanntesten Künstler der Stadt wurde. Meistens waren die Politiker dort stolz auf ihren Autor, manchmal aber auch vergrätzt. Dann hatte Max mal wieder sehr laut seine Meinung zu diesem oder jenem Problem gesagt, und die konnte kritisch und sehr eindeutig ausfallen, wenn es um die Belange von Arbeitern oder die Verteidigung kultureller Standards ging. Was aber nichts an der Wertschätzung von der Grüns änderte. „Was glauben Sie, was der mir schon alles ins Gesicht gesagt hat“, hat mir mal Dortmunds unvergessener Ex-OB „Günna“ Samtlebe gesagt. „Aber ich schätze ihn. Gut, dass wir so einen haben!“

Heeren ist Max von der Grün  aber auf seine Weise treu geblieben. Als ich seine Witwe Jenni fragte, was sie davon hielte, die Zechenbahntrasse „Max-von-der-Grün-Weg“ zu nennen, war sie sofort einverstanden. „Dort ist Max so gerne mit dem Fahrrad hergefahren“, sagte sie. Und so heißt sie denn heute auch, beginnt an der Autobahnbrücke, wo Fohrmann die Frau traf, und führt an der Heerener Zeche vorbei bis nach Bönen. Ein passender Ort, um an ihn zu erinnern, denn als aktiver Bergmann war Max das am Ende selber gewesen: ein Zechenbahnfahrer, freilich unter Tage. Die Bergleute verwenden aber nicht diesen Begriff, sie sagen „Akkufahrer“.

Archiv: Gedenktafel erinnert an Max von der Grün

Max von der Grün - "Wichtige Stimme des Reviers"

Jubiläum für einen Roman aus Kamen. Vor 50 Jahren erschien „Irrlicht und Feuer“ von Max von der Grün

SUMMERlife-Lesereihe mit Staraufgebot: Wiederholung ist mehr als wahrscheinlich

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wort & Buch

lesung 1 721AGSpiegel-Bestsellerautorin Tanja Kinkel zog ihr Publikum mit Auszügen aus ihrem neuen Roman "Grimms Morde" in der katholischen Kirche Heilige Familie in ihren Bann. Fotos: Alex Grün für KamenWeb.de

von Alex Grün

Kamen. Wenn es nach den Initiatoren Heinrich Peuckmann und Bernhard Büscher geht, ist die nächste Ausgabe der SummerLife-Lesereihe reine Formsache: Auch beim zweiten Mal traf die hochkarätig besetzte Literaturveranstaltung bei den Kamenern ins Schwarze, rund 150 Besucher ließen sie sich nicht entgehen - ob mit oder Maske, stand in diesem Jahr zur Wahl.

Mit Abstandhaltern und markierten Sitzplätzen wurde in den Kirchen der gebotenen Vorsicht Rechnung getragen - Lockerungen hin oder her. Hygienespray und Anwesenheitslisten trugen ihren Teil zum Sicherheitskonzept bei - und damit auch zur entspannten Atmosphäre, von der das kleine Literaturfestival erfüllt war. Bestsellerautorin und Publikumsmagnet Tanja Kinkel entführte ihre begeisterten Zuhörer von der katholischen Kirche Heilige Familie aus weit in die Vergangenheit - das kann die Münchnerin, die insbesondere mit ihren Historienromanen einen internationalen Erfolg nach dem anderen landet, erwiesenermaßen am besten - und tat dies nach eigenem Bekunden erstmals seit der Corona-Krise wieder live vor Publikum, was ihr besonders viel bedeutet habe. Im heranwachsenden nordhessischen Oberzentrum Kassel des Jahres 1821 spielt Kinkels neuer Roman "Grimms Morde". In dem wird - wie der Titel schon sagt - gemordet, und zwar ebenso bestialisch wie mysteriös. Oberwachtmeister Blauberg findet beim Leichnam einer gemeuchelten Mätresse des Kurfürsten Wilhelm I ein Zitat aus einem Märchen der Gebrüder Grimm und zieht falsche Schlüsse: ins Visier der Polizei geraten die Literaten. Nach einem ähnlichen Leichenfund sehen sich die Märchensammler Jakob und Wilhelm gezwungen, Nachforschungen anzustellen, um ihre Unschuld zu beweisen. Dabei spielt die damals 24-jährige Dichterin Annette von Droste-Hülshoff eine entscheidende Rolle, die eigens mitsamt ihrer Schwester von Münster nach Kassel reist.

lesung 2 721AGDie russische Dichterin, Librettistin und Autorin Anzhelina Polonskaya las Gedichte in russischer Sprache vor, die von Brigitte Ditz-Büscher anschließend ins Deutsche übersetzt wurden.

Mit viel Intonationsvermögen zog Tanja Kinkel das Publikum in der katholischen Kirche in ihren Bann und stellte dabei auch ihre darstellerischen Qualitäten unter Beweis, allerdings ohne die vorgesehene Pause, weshalb anderenorts streckenweise auf Publikum gewartet wurde - klassischer Kommunikationsfehler. Unterbrechen wollte die Starautorin niemand - und das war auch gut so, denn dafür war ihr Vortrag zu packend, ebenso wie anschließend der des syrischen Dichters Yamen Hussein, der aufgrund seiner Berichterstattung über die Unterdrückung der Medien in seiner Heimat verhaftet wurde und 2014 nach Deutschland floh. Auszüge aus seinem aktuell erschienenen Band "Nachruf auf die Leere" wurden begeistert aufgenommen. Hussein ist Stipendiat des "Writers-in-Exile"-Programms der Autorenvereinigung PEN, ebenso wie seine Kollegin Anzhelina Polonskaya, die in ihrer russischen Heimat aufgrund von Repressalien seitens des Putin-Regimes nicht mehr veröffentlichen darf. Ihre Eindrücke fasst sie in Worte: "Krieg in mir und in dir" - der Titel eines ihrer Gedichte, das die Gespaltenheit zwischen Gehorsam und Widerstand in ihrem Heimatland auf lyrische Art zum Ausdruck bringen soll.

lesung 4 721AGJürgen Jankowsky war für seinen erkrankten Schriftstellerkollegen Christoph Nix eingesprungen und sorgte an dessen Stelle für humoristische Akzente.In der Pauluskirche schwelgte währenddessen ein waschechter Ossi knietief in "Ostalgie": Jürgen Jankofsky, der mehr als 50 Romane und Kinderbücher veröffentlicht hat, nahm die Zuhörer im "schiefen Turm von Kamen" mit auf eine Reise in seine Jugend in der DDR der Sechziger und Siebziger Jahre. Unter anderem erinnerte sich der Jenaer in bildhaften Worten, wie sich die Inbetriebnahme eines E-Basses anfühlte. Musikalisch unterstrichen wurde sein Beitrag passenderweise von Saxophonist Rüdiger Wilke mit einem samtweichen "Sentimental Journey". Sozusagen als "Support-Act" sorgte die Kamener Autorin Bilitis Naujoks gleichermaßen für Lokalkolorit wie auch für tiefe Einblicke in die weibliche Seele, einfühlsam in Worte gefasst.

"Ohne Heinrich Peuckmann und seine Verbindungen wäre eine solch hochkarätig besetzte und kulturell hochwertige Veranstaltung nicht möglich", erklärt Jörg Höning vom Kulturbüro der Stadt Kamen. Der Generalsekretär der deutschen Abteilung des größten internationalen Schriftstellerverbandes PEN, der in der Lutherkirche auch aus seinen Neuerscheinungen vorlas, hat schon im letzten Jahr einschlägige Publikumsmagneten in die Sesekestadt geholt - und wird dies, wenn alles gut geht, im nächsten Jahr wieder tun. "Wenn die Initiatoren wieder dabei sind, sollte einer Wiederholung nichts im Weg stehen", sagt Höning - und der Einrichtung einer festen Institution im Kamener Veranstaltungskalender möglicherweise auch nicht. Unterstützung von Seiten der Kirchengemeinden werde es sicherlich auch weiterhin geben, und Heinrich Peuckmann verfüge über genügend Möglichkeiten, um auch künftig literarische Schwergewichte wie Tanja Kinkel als Zugpferde für die städtische Veranstaltung zu gewinnen, ist Autor und Mitinitiator Bernhard Büscher sicher. "Wir wären auf jeden Fall wieder dabei", sagt Büscher. Auch Kulturausschussvorsitzender Daniel Heidler, der die Veranstaltung in der katholischen Kirche eröffnete, würde sich über eine dauerhafte Einrichtung der SummerLife-Lesereihe freuen. "Eine solch hochwertige und anspruchsvolle Veranstaltung im Kamener Kulturkalender ist auf jeden Fall eine Bereicherung", so Heidler im Gespräch mit der Redaktion. Auch die zweite Ausgabe, so Heidler, war "rundum gelungen".

Archiv: SUMMERlife: 6 und 3 - Literarische Lesereihe - 6 Autoren Lesen in 3 Kamener Kirchen

lesung 3 721AGSaxophonist Rüdiger Wilke untermalte die Lesung von Jürgen Jankowsky stets mit dem passenden Sound - sein schier unerschöpfliches Repertoire macht es möglich.

Gedicht der Woche: Jeder Tag

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wort & Buch

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Das Vorwort
 
Kamen ist eine Stadt der Literatur, gleich mehrere, auch überregional bekannte Schriftsteller wohnen hier. KamenWeb.de möchte darauf durch die Reihe "Gedicht der Woche" hinweisen.
 
Jeder Tag

wieder ein Tag, der keiner ist
regnerisch am Morgen, diesig
am Mittag, verloren
am Abend. Was willst du

mit ihm anfangen. Nichts
antwortete der Tag. Was
kann man schon groß
anfangen mit mir. Nichts

Immerhin, da ist noch die Einsicht
denkst du, wer hat das schon
Einsicht mit sich selber, wer
schafft das, und hat doch

nicht Recht, denn da ist noch
eine andere Stimme, die flüstert
egal ob diesig, ob verloren
las dich nicht täuschen

jeder Tag wird. Tu was, nutze
ihn, wer weiß, wie viele, kein Tag
der keiner ist, wird jeder doch
durch dich. Wird nur durch dich

Heinrich Peuckmann

Gedicht der Woche: Dschanada

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wort & Buch

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Das Vorwort
 
Kamen ist eine Stadt der Literatur, gleich mehrere, auch überregional bekannte Schriftsteller wohnen hier. KamenWeb.de möchte darauf durch die Reihe "Gedicht der Woche" hinweisen.
 

Dschanada

Nachts im Sommer auf dem Land
schliefen wir wie im Gefängnis.
Körper dicht an dicht in einer Reihe,
nur,dass wir auf dem Dach unter freiem Himmel lagen.
Ich zeigte den anderen den kleinen Wagen.
Der Junge neben mir warnte:
„Wer mit dem Finger auf die Sterne zeigt, schläft niemals
ein und kriegt Warzen am Finger<, wusste er von seiner
Mutter.
Ich schob die Hände unter den Kopf, zwischen Schläfe und
Kissen, voller Angst, dass sie taten, was sie nicht durften,
und die hässlichen Dinger wucherten.
So war es bei Dschanada, der Tochter des Hirten. Mit sieben
Jahren schaute sie in die dunkle Weite und flickte mit
zarten Fingern das Stück Himmel zwischen Polarstern und
großem Wagen,
seither sprenkelt die Milchstraße ihre Hand.

Yamen Hussein

 

Neuer Gedichtband von Heinrich Peuckmann erschienen

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Wort & Buch

hp721Heinrich Peuckmann „Lasse die Zeit stehen“. Kulturmaschinen Verlag, ISBN 9-783967-631784, 15 EuroKamen. Gerade hat der Kamener Schriftsteller Heinrich Peuckmann mit seinem neuen Krimi „Sprung von der Brücke“ größeres Aufsehen erregt, u. a. wurde es zum „Buch der Woche“ bei der Krimiautorenvereinigung „Das Syndikat“ gewählt, da legt er mit einem neuen Buch nach. Ein Lyrikband ist es diesmal. Der Titel „Lasse die Zeit stehen“ hat viel mit der Entstehungszeit zu tun, denn Peuckmann hat die meisten seiner neuen Gedichte in der Zeit des Lockdowns geschrieben, als die Zeit wirklich still zu stehen schien. Ein pessimistisches, bedrückendes Buch ist es deshalb aber nicht geworden, bei weitem nicht. Peuckmann erinnert sich an beeindruckende Begegnungen, die manchmal anrührend, manchmal auch komisch waren. Oft sind es tief menschliche Erlebnisse, die er vor dem Vergessen bewahrt, etwa wenn sich im Krieg zwei feindliche Soldaten begegnen, der eine bewaffnet, der andere nicht und wenn der Bewaffnete aus reiner Menschlichkeit den anderen laufen lässt.

Viele Gedichte haben mit seiner Kindheit zu tun, da schimmert seine Herkunft aus Kamen rund um die Rottstraße durch und mancher Leser wird Bekanntes entdecken.

Das Buch hat ein wunderbares Umschlagbild, das die stehenden Zeit sichtbar werden lässt.

„Seine Gedichte“, schreibt der Verlag, „haben einen ganz eigenen, unverwechselbaren Tonfall, der auf den Leser eine Sogwirkung ausübt.“

Peuckmann wird den Gedichtband schon am 11. Juli bei seiner Lesung um 15 Uhr in der Lutherkirche in Kamen vorstellen. Er freut sich über das Buch. „Es ist mein 5. Lyrikband“, sagt er, „und es sind Gedichte darunter, die mich selbst beim Schreiben tief bewegt haben.“

Heinrich Peuckmann „Lasse die Zeit stehen“. Kulturmaschinen Verlag, ISBN 9-783967-631784, 15 Euro