Lockdown verschärft: Homeoffice wird zur Pflicht - Schulen bleiben geschlossen
von Julian Eckert
Kamen/Berlin. Arbeiten im Homeoffice - das müssen Arbeitgeber ab kommender Woche überall dort ermöglichen, wo es prinzipiell möglich ist. Darauf einigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heute mit den Ministerpräsident*innen. Mit dieser und weiteren beschlossenen Maßnahmen sollen die Corona-Inzidenzwerte deutlich gesenkt werden. Derweil wurde in Deutschland eine dritte Virus-Mutation nachgewiesen.
Leicht sinkende Neuinfektionen - Mutationen bereiten Sorgen
In den letzten Tagen war die Zahl der Corona-Neuinfektionen deutschlandweit leicht rückläufig. Das Ziel einer Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in 7 Tagen bleibt allerdings noch weit entfernt. Erst ab diesem Wert sei die Nachverfolgbarkeit durch die Gesundheitsämter wieder überall sichergestellt. Der aktuelle Inzidenzwert im Deutschlandschnitt liegt bei 132. NRW liegt mit 118 leicht unterhalb des Bundesschnitts. Kreisweit liegt der Inzidenzwert aktuell bei 121 und damit genau so hoch wie vor 14 Tagen.
Große Sorgen bereiten Virologen und Politikern indes die in Großbritannien und Südafrika aufgetretenen Virus-Mutationen. Gestern war in Garmisch-Partenkirchen zudem eine dritte „deutsche“ Mutation nachgewiesen worden. Insbesondere die britische Mutation mit dem Namen B.1.1.7 ist wohl deutlich ansteckender als das herkömmliche Virus. Trotz des britischen Lockdowns vervielfältigte sich die Zahl der Neuinfektionen dort rasant. Während sich am 1. Dezember 2020 etwa 12.000 Briten neu infiziert hatten, waren es ab 1. Januar 2021 knapp 56.000. Inzwischen ist jeder 30. Londoner mit Corona infiziert.
Bei einem Vorgespräch am gestrigen Montag warnten wissenschaftliche Berater Bundeskanzlerin und Ministerpräsident*innen: Die Mutationen könnten sich auch in Deutschland rasant ausbreiten. In Großbritannien führe sie aktuell zu sechs- bis achtmal mehr Corona-Fällen als bisher. Bundeskanzlerin Merkel soll Medienberichten zufolge gesagt haben, dass in Deutschland bis Ostern eine zehnfache Inzidenz zu erwarten sei, wenn man die britische Mutation nicht abhalten könne. „Wenn die Infektionszahlen auf einem niedrigen Niveau sind, hat es auch die Mutation schwerer, sich auszubreiten“, so Merkel. Laut Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geht es darum, Maßnahmen zu ergreifen, „bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.“
Bisherige Maßnahmen verschärft und verlängert
Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage fand heute erneut eine digitale Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin statt. Das knapp achtstündige Treffen hatte eine Rekordlänge. Lange umstritten war insbesondere das Thema Schule und Kita. Bei der Konferenz verständigte man sich darauf, alle aktuell geltenden Maßnahmen bis zunächst zum 14. Februar zu verlängern. Außerdem werden die Regeln an einigen Stellen noch einmal verschärft:
Arbeit im Homeoffice wird zur Pflicht
Es war einer der wenigen Bereich, die bisher von den strengen Anti-Corona-Maßnahmen verschont blieben: Der Arbeitsplatz. Nun haben sich die Ministerpräsident*innen und die Bundeskanzlerin darauf verständigt, dass die Arbeit im Homeoffice an vielen Stellen zur Pflicht werden soll. Überall dort, wo Arbeiten im Homeoffice nach einer eingehenden Prüfung prinzipiell möglich ist, müssen Arbeitgeber diese auch ermöglichen. Dies wird durch eine neue Verordnung des Bundesarbeitsministeriums angeordnet werden. Nicht zuletzt soll durch diese Maßnahme auch das Fahrgastaufkommen im ÖPNV deutlich reduziert werden. Arbeitgeber werden zudem aufgefordert, zur Entzerrung des ÖPNV die Beginn- und Endzeiten zu flexibilisieren. Wo Homeoffice nach der eingehenden Prüfung nicht möglich ist, müssen medizinische Masken getragen werden. Diese soll der Arbeitgeber zur Verfügung stellen. „Wo immer Homeoffice möglich ist, muss Homeoffice her“, so Söder.
Maskenpflicht verschärft: Alltagsmaske reicht nicht mehr aus
In Geschäften und in öffentlichen Verkehrsmitteln des ÖPNV gilt eine verschärfte Maskenpflicht. Dann genügen die sogenannten textilen Alltagsmasken, Tücher oder Schals nicht mehr. Vielmehr muss eine medizinische Maske getragen werden. Diese schützt andere und je nach Typ auch den Träger selbst besser vor einer Infektion. Unter medizinische Masken fallen FFP2-Masken, KN95-Masken sowie OP-Masken. Letztere sind die meist blauen und häufig von Ärzten getragenen Einwegmasken, die nach der DIN EN 14683 zugelassen sind.
Private Treffen
Erneut appellieren die Regierenden an die Bürgerinnen und Bürger: Bitte bleibt zuhause! Private Treffen sollen auf das „absolute Minimum“ beschränkt werden. Es bleibt dabei, dass Treffen im öffentlichen Raum nur mit maximal einer weiteren haushaltsfremden Person erlaubt sind. Merkel appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, Personen jeweils nur innerhalb einer festen Gruppe zu wechseln, also nicht ständig wechselnde Personen zu treffen.
Kitas und Schulen bleiben geschlossen
Es bleibt dabei: Kitas und Schulen sollen bis zum 15. Februar grundsätzlich geschlossen bleiben. Dies gilt auch für Grundschulen. Über diesen Punkt hatten die Teilnehmenden der Ministerpräsidentenkonferenz lange und intensiv gestritten. Da die britische Virusmutation unter Kindern und Jugendlichen nach ersten Erkenntnissen auch deutlich ansteckender ist, habe man sich aber letztlich auf die Verlängerung der bisherigen Maßnahmen geeinigt. Eine Notfallbetreuung wird jeweils angeboten. Für Abschlussklassen kann an Schulen eine gesonderte Regelung getroffen werden.
Am Donnerstag (21.01.) wird eine europäische Abstimmung zwischen den Staats- und Regierungschefs zum weiteren, gemeinsamen Vorgehen gegen Corona stattfinden. Sollte eine solche gemeinsame Abstimmung nicht möglich sein, stellte Merkel Grenzschließungen in den Raum.